NB: Seit dem 07.11.2016 gibt es auch auf Deutsch ein Buch über Wim Hofs Methode inklusive 30-Tage Programm für Zuhause: Die Kraft der Kälte: Wie du mit der Iceman-Methode gesünder, stärker und leistungsfähiger wirst.
In diesem Artikel geht es um Schnee und Eis und einen Teufelskerl, der durch seinen eisernen Willen nicht nur Kälte, Hitze und allergenen Substanzen trotzt, sondern auch gleich die Sichtweise skeptischer Wissenschaftler in neue Bahnen lenkte. Die Rede ist von einem niederländischen Postbeamten, der zum Star wurde: Wim Hof auch bekannt als – „the Iceman“.
An der Oberfläche ist Wim Hof ein Sonderling mit einem Faible für die Kälte: schon seit Jahrzehnten geht er täglich in die Kälte, erzählt er in seinen Interviews und in den Dokumentationen über ihn: „die Kälte ist gnadenlos, aber gerecht, ich liebe die Kälte“ verkündet er dann freimütig. Wim, ehemals das „schwarze Schaf“ seiner Familie zog durch sein unbegreifliches Vermögen, der Kälte zu widerstehen, die Aufmerksamkeit der Medien, von Top-Athleten und Forschern auf sich. Wim Hof ist 20-facher-Weltrekordhalter. Seine Fähigkeit eisiger Kälte zu widerstehen, stellte er u.a durch
- die Besteigung des Mount Everest bis auf 6,700m bekleidet nur mit einer kurzen Hose und ohne feste Schuhe (2007)
- das längsten Eisbad der Welt (1 Stunde und 52 Minuten und 42 Sekunden, 2008) und
- 2009 durch einen Marathon 160km nördlich des Polarkreises in Finnland bei -20 Grad – wieder nur in kurzen Hosen und in Sandalen
unter Beweis. Doch das ist noch nicht alles. Hof zeigte 2011, dass er der Hitze ebenso trotzen kann wie der Kälte, indem er unter Supervision von Dr. Eijsvogel in der Namib-Wüste wieder nur mit kurzer Hose und ohne feste Schuhe diesmal „nur“ einen Halbmarathon lief – ohne zwischendurch etwas zu trinken (*). Und wem das noch nicht genug ist: Wim konnte ebenfalls zeigen, dass er in der Lage ist sein Immunsystem willentlich zu beeinflussen.
(*) Ich selbst bin Ende August 2015 einen Halbmarathon gelaufen und war sehr froh, dass es zwischendurch etwas zu trinken gab – obgleich das Klima eher kühl war an diesem Tag und nicht ansatzweise vergleichbar mit den 40 ℃ der Namib Wüste.
„Breath, motherfucker and freeze!“
Ganz offenkundig verfügt Wim über erstaunliche Fähigkeiten: „Ich habe das alles trainiert. Der Mensch kann über seine Willenskraft viel mehr erreichen, als wir gewohnt sind zu denken“ – behauptet er. Mit Hilfe von Atem-, Meditations- und Körperübungen, die sich u. a. von den tibetischen Praktiken des Tummo ableiten, ist er in der Lage, sich bewusst vom Einfluss von Kälte und Hitze zu isolieren, behauptet er. Wims weitere Geschichte gibt ihm Recht.
Wim Hof Methode und wissenschaftliche Studien
Matthijs Kox ist Intensivmediziner und Forscher und traf Wim Hof zum ersten Mal im Jahr 2010, als Hofs Fähigkeit seine Kerntemperatur zu steuern am Medizinischen Zentrum in den Niederlanden untersucht wurde. Zum Erstaunen des Forscher fiel Wims Kernkörpertemperatur nicht, während er ein stundenlanges Eisbad nahm – entgegen der Erwartung stieg sie sogar leicht an – genauso wie Wims Stoffwechselrate. Es konnte wissenschaftlich bestätigt werden, dass er bewusst den Blutfluss seiner Körperoberfläche reduzieren kann: bei seinen Langzeit-Eisbädern sinkt zwar seine Hauttemperatur zwar auf 0-5 ℃, aber seine Kernkörpertemperatur nie unter 37 ℃.
Für mich ist Wim Hof nicht vor allem wegen seiner erstaunlichen Fähigkeiten etwas besonderes, sondern, weil er sich wiederholt und mit Erfolg wissenschaftlichen Untersuchungen stellt. Dabei ist er kein Guru: wenn er seine Atemtechnik vorstellt: hinsetzen (z.B. Schneidersitz), tief einatmen, tief ausatmen. Die Luft findet schon ihren weg – egal, ob durch die Nase oder den Mund: „Who cares?“. Er isst gerne Pasta und trinkt gerne ein paar Bier und mag Witze. Na gut, er isst nur einmal am Tag. Immer Abends. Schon seit Jahrzehnten. Er macht aber keine Anstalten zu behaupten, seine Fähigkeiten würden darauf aufbauen… Wen das Thema trotzdem interessiert: Wim folgt offenbar einer Variante der Warrior-Diät, vielleicht ohne den Begriff der Diät zu benutzen über die Ori Hofmeklers ein gutes Buch geschrieben hat: The Warrior Diet: Switch on Your Biological Powerhouse For High Energy, Explosive Strength, and a Leaner, Harder Body.
Zurück zum Haupttext! Noch unter dem Eindruck der unerwarteten Ergebnisse bzgl. Wims Körpertemperatur im Eisbad, konfrontierte Wim den Forscher Kox mit einer weiteren Behauptungen: „ich kann auch mein autonomes Nervensystem und mein Immunsystem steuern“. Ein kühner Standpunkt, da das autonome Nervensystem, über das Blutdruck, Herzfrequenz und auch das Immunsystem gesteuert werden, jeher als willentlich unbeeinflussbar gilt. Pickkert, der damals Promovend bei Kox war, übernahm das Experiment und wurde unter Staunen belehrt: Skeptisch, aber durch Wims Vorführungen beeindruckt, führte Pickkert ein gut überwachtes Experiment mit ihm durch: Wim praktizierte seine Meditations- und Atemtechniken und nahm ein 80-minütiges Eisbad. Vor und nach der Prozedur entnahm Pickkert Wim Blut und setzte es einem Endotoxin aus, das im Körper gewöhnlich eine heftige Immunreaktion auslöst. Es zeigte sich, dass die Reaktion von Wims Blutprobe nach der Prozedur erheblich weniger auf das Endotoxin reagierten, als vor seinen Übungen. Im nächsten Schritt wurde Hof das Endotoxin direkt gespritzt. Das Gift, das bei jedem anderen Menschen eigentlich eine starke allergische Reaktion hätte auslösen müssen, zeigte bei Hof kaum Wirkung. Er konnte tatsächlich die Immunantwort samt Entzündungsreaktion willentlich unterdrücken!
Aber das spannendste kommt jedoch erst noch.
Man könnte leicht mutmaßen, dass Wim ein Mutant ist. Dass eine Eigenart der Natur ihn zu seinen dazu befähigt, seinen Blutfluss zu steuern und sein Immunsystem zu kontrollieren
Allerdings konnte nichts entsprechendes festgestellt werden: Wim Hof kein Mutant. Es deutet nichts darauf hin, dass er uns anderen Menschen biologisch betrachtet etwas voraus hat. Auch die Behauptung, er habe sich seine Fähigkeiten erst durch jahrzehntelanges Training erhalten, konnte er widerlegen: in einem weiteren Experiment in Kooperation mit Peter Pickkert brachte Wim seine Methode in nur wenigen Tagen bis dahin ungeübten Freiwilligen bei, die danach wie er einer Gabe von Endotoxinen widerstehen konnten.
Wims Technik in Kürze
WARNUNG: Kälte und auch Atemtechniken bergen auch Risiken! Also seid bitte vorsichtig! Übertreibt es nicht! Keine der hier beprochenen Übungen darf im Wasser oder Badewanne ausgeführt werden, da das Risik besteht ohnmächtig zu werden! Seid extra vorsichtig, wenn ihr keinen oder wenig Sport treibt! Und auch, wenn ihr gut im Training seid und möglicherweise sogar bereits Erfahrung mit Atemtechniken oder Kälte habt: übertreibt es nicht und hört auf eure körperlichen Reaktionen und hört auf, sofern es unangenehm wird! Tummo – die Technik die Wim Hof vermittelt – gilt nicht umsonst als fortgeschrittene Methode. Ich beschreibe die Techniken hier nach besten Wissen und Gewissen, kann und werde aber keine Verantwortung für mögliche Schäden oder Verletzungen übernehmen können. Lest alles ggf. im Original bei Wim Hof nach oder besucht einen seiner Kurse!
Bewusstes Atmen. Eine Kerntechnik von Wim ist das bewusste Atmen. Ausführung der Technik: legt euch dazu am besten hin und atmet 20-30x tief und kräftig wieder aus. Atmet „tiefer“ ein, als aus. Das ist natürlich nicht möglich, aber habt das dabei im Kopf: richtig tief ein- und ausatmen. Nicht übertrieben schnell (nicht unkontrolliert hyperventilieren), aber auch nicht trödeln: ob durch die Nase oder durch den Mund ist egal. Konzentriert euch bewusst auf eure Atmung und was dabei passiert. Wahrscheinlich spürt ihr, wie euer Kopf leichter wird und wie es möglicherweise an manchen Körperstellen kribbelt: dies ist auf die stärkere Sauerstoffsättigung des Blutes und eine Verschiebung des pH-Wertes zu erklären. Wenn ihr 30x-40x ein- und ausgeatmet habt: atmet ganz aus und haltet dann den Atem an. Möglichst mindestens eine Minute oder so lang, bis ihr das Gefühl habt wieder einatmen zu müssen. Wenn ihr die Zeit stoppt, solltet ihr feststellen, dass ihr sie viel länger als sonst anhalten könnt. Das ist nur einer der Effekte – die vor allem noch besser werden mit nur wenigen Tagen Training. Wiederholt die Technik am Anfang 2x hinter einander und später drei mal.
In diesem Video begleitet Wim Hof Lewis Howes durch die Technik.
Ganz offenkundig ist er, was er selbst in Interviews sagt, nicht der erste, der die Fähigkeit des „inneren Feuers“ nutzt. Tummo ist eine tibetische Praxis, die schon seit Jahrhunderten bekannt ist und praktiziert wird. Jedoch in der Vergangenheit von religiösen Eliten. Damit eröffnet uns Wim nicht nur einen Weg zu einem besseren wissenschaftlichen Verständnis des menschlichen Körpers, sondern jedem von uns zu Fähigkeiten, die ursprünglich das Herrschaftswissen einer kleinen Elite war. Demokratisierung von Fähigkeiten, neues Wissen wissenschaftlich fundiert und ein neuer, unabhängigerer Weg zu Gesundheit, Fitness, besserer Laune und besserem Schlaf – für mich genug, Wim zu einem modernen Helden zu erklären.
Das besondere an Wims Pionierarbeit sind auch die potentiellen Implikationen für die Prävention und Behandlung entzündungsbedingter Krankheiten – wie Autoimmunkrankheiten, Kreislauferkrankungen und auch Krebs. Erst sah Wim mit seinen Experimenten, die dem Lehrbuchwissen widersprachen, wie ein Scharlatan aus – heute steht er mit seinen Experimenten in Lehrbüchern. Möglicherweise zeigen die Forschungen, die sich durch Wims Anstöße nun ergeben, ganz neue Behandlungspfade auf und er macht draus keinen Hehl: „Wir haben einen Schlüssel zur bewussten Kontrolle unseres Immunsystems gefunden“ und „Ich möchte, dass es alle Menschen auf der Welt erfahren“. Wim sagt, dass man sich damit sowohl präventiv als auch kurativ gegen Krankheiten (Infektionserkrankungen, aber auch mentale Erkrankungen wie Depressionen) behaupten kann. Details dazu finden sich u.a. im Buch Biology Now. Auszüge daraus finden sich auch auf Wims Facebook-Seite unter seinen Bildern oder hier. Sein ultimatives Ziel ist es, dem Kampf gegen Krankheiten eine neue Waffe hinzuzufügen: unser Bewusstsein.
Letztlich weiß keiner, wie weit die durch Wim angestoßene Forschung tatsächlich führen wird. Dass Wim und seine Methode ernst genommen werden, wird durch eine wachsende Zahl wissenschaftlicher Veröffentlichungen gestützt. Zum Beispiel hier und hier.
Bisher konnte in weiteren Untersuchungen konnten gezeigt werden, dass Wim mit seiner Methode auch seine Hormonwerte positiv beeinflussen kann: er konnte willentlich Serotonin – das Glückshormon – oder Melatonin – das Schlafhormon – ausschütten und so seine Stimmung wie auch seine Schlafqualität verbessern.
Wim Hof Methode lernen
Seit einigen Jahren veranstaltet Wim jedes Jahr Kurse in Polen, in denen er Interessierten seine Methode beibringt, deren krönender Abschluss eine Bergwanderung ist, im Winter – und in kurzen Hosen.
Im englischsprachigen Raum ist Wim längst berühmt und auch Weltklassesportler wie der Surfer Laird Hamilton und seine Frau Gabby Reece sowie Brian MacKenzie (Begründer von CrossFit Endurance) sowie nicht ganz so prominente Personen – wie ich – versuchen sich an seiner Methode.
Für mich passt Wim Hofs Methode gut zu meiner Vorstellung von „genug haben – mehr sein“. Wims Geschichte und sein persistieren lehren uns zweierlei: dass unser Körper – und unser Geist immer noch ein paar Überraschungen parat haben und das wir mit entsprechendem Willen und entsprechender Disziplin nicht nur Bärenkälte, glühender Hitze und so manchem Gift standhalten können, sondern es auch schaffen können, die noch deutlich schwerer zu beeinflussenden etablierten Meinungen und Vorstellungen zu ändern.
Alles zusammen ist für mich Grund genug sein 10-wöchiges Online-Programm auszuprobieren und, sofern es für euch infrage kommt: unterstützt genughaben-Blog und bestellt über diesen Link. Mit 180 Euro nicht ganz billig, aber mit weniger Heizung auszukommen, besser schlafen zu können und wahrscheinlich viel besser als jemals zuvor gegen Erkältungen gewappnet zu sein sind es mir wert. Sofern ihr euch auch dafür interessieren würdet, würde es mich freuen, wenn ihr eure Bestellung über diesen Link macht: Link, da ich dann etwas Provision bekomme und damit ein wenig die Arbeit für diesen Blog kompensieren kann!
Wem ein Buch lieber ist, greife doch z.B. zu: Becoming the Iceman. Auf Deutsch gibt es nun auch seit dem 07.11.2016 das Buch: Die Kraft der Kälte: Wie du mit der Iceman-Methode gesünder, stärker und leistungsfähiger wirst.
Wer mehr über Luft und ihre Wirkung auf uns erfahren wollt und wie ihr eure Luft zuhause verbessern könnt, dann empfehle ich euch den Artikel: Luftqualität – wie sie auf uns wirkt und wie wir sie verbessern können.
Cheers!
Euer Frank
p.s.: hier noch eine Dokumentation zu Wim Hof
4 Kommentare
Tim Verriss hat Wim in seinem Podcast zu Gast gehabt. Das Gespräch ist, wie ich finde, hörenswert.
Super Artikel!
Beim Hyperventilieren nimmt man nicht mehr Sauerstoff auf, sondern weniger! Schade, dass Wim nie richtig erklärt, was bei der Atemübung im Körper wirklich abgeht.
Hallo,
ich nehme die Herausforderung an und Dusche von jetzt an jeden Tag über 7 Tage eiskalt, für mindestens 30 Sekunden!!!