Hier findet ihr Teil 1 (Grenzen des Wachstums), Teil 2 (Wie konnte es dazu kommen?) und Teil 3 (Zum Konzept der Nachhaltigkeit) und Teil 4 (Zukunftsausblick und Bezug zu unser aller Leben).
Gewohnheiten: Ein weiteres Experiment.
Meadows hat im Verlauf seines Vortrages immer wieder darauf hingewiesen, dass vor allem die menschliche Natur ein zentrales Hindernis sind sind. Der Mensch ist seiner Grundnatur nach konservativ. Er tut nichts, solange er nicht muss – bzw. glaubt, dass er nicht muss bzw. macht sich glauben, dass er nichts tun muss (über das damit zusammenhängende Phänomen der kognitiven Dissonanz und die psychologischen Barrieren hin zu Nachhaltigkeit habe ich hier und hier bereits geschrieben). Ein Problem sind Gewohnheiten. Meadwos schlug dazu ein weiteres einfaches Experiment vor:
- Schlagt einmal eure Arme übereinander. Welcher Ellenbogen ist oben? (Merken!)
- Nehmt die Arme wieder herunter.
- Schlag wieder eure Arme übereinander. Welcher Ellenbogen ist oben? Ist es der gleiche Ellenbogen wie vorher gewesen? (Im ganzen Raum war das soweit ich überblicken konnte der Fall)
- Versucht jetzt die Arme genau anders herum zu übereinander zu schlagen!
Das fanden die meisten – mich inklusive – gar nicht so einfach. Nun, wenn wir uns schon bei so einer simplen Aufgabe wie einer Umgewöhnung der Reihenfolge der Ellenbogen beim Übereinanderschlagen der Arme schwer tun – einer vermeintlich auswirkungsfreien Angelegenheit will ich meinen – wie schwer ist es dann etwas Wesentliches an meinem Verhalten zu ändern?
Resilienz statt Nachhaltigkeit.
Meadows äußerte sich schon in einer Reihe von Interviews so wie auch in seiner Ansprache an die Enquette Kommission des Deutschen Bundestags vor einem Jahr sehr pessimistisch gegenüber den Möglichkeiten noch auf einen Pfad der nachhaltigen Entwicklung gelangen zu können. Meadows meint, wir sollen uns nicht mehr versuchen um Nachhaltigkeit zu bemühen – dafür sei es zu spät, die grüne Industrie eine Illusion. Stattdessen empfiehlt er jedem, der etwas tun möchte an seiner eigenen Resilienz bzw. der Resilienz seiner Umgebung zu arbeiten. Er erwähnte in diesem Zusammenhang im übrigen mehrfach die Transition Town Bewegung!
Vier Problemkreise.
Möchte jemand sich der Herausforderung widmen resilienter zu werden und versuchen sein Verhalten – besser seinen Lebensstil – zu ändern, der solle sich seiner Meinung nach bevorzugt auf vier möglichen Klassen von Herausforderungen zu konzentrieren:
- universelle statt globale Probleme
- soziale und kulturelle statt technischer Innovationen
- Resilienz-schaffende statt Nachhaltigkeit-schaffender Maßnahmen
- Startet JETZT mit Debatten, kommt aber vor allem SCHNELL ins HANDELN
Universelle statt globale Probleme.
Globale Probleme betreffen uns alle. Der Klimawandel, Epidemien, atomare Katastrophen, Wassermangel usw. Sie betreffen uns zwar alle, aber sie können nur gelöst werden, wenn alle Menschen zusammen daran arbeiten. Selbst wenn ganz Europa ihre CO2 Emissionen senken würde, könnte der Klimawandel nicht aufgehalten werden (laut Meadows ist es dafür sowieso zu spät: selbst wenn die ganze Welt sofort mit der Emission von CO2 aufhören würde, würde sich das Klima dennoch die nächsten 200 Jahre aufgrund dessen verändern). Ein weiterer Grund dafür, dass die Lösung globaler Probleme unattraktiv erscheint ist die Notwendigkeit einer langfristig orientierten Denkweise. Nur da diese eben nicht dem Menschen und im speziellen Politikern weniger eigen ist, wird es wohl zeitnah zu deren Lösung kommen. Ökonomisch betrachtet hieße die Lösung eines globalen Problems: zahlt jetzt und später erhält jemand die Nutzen. Das sei politisch unmöglich.
Stattdessen empfiehlt Meadows sich um die Lösung universelle Probleme zu bemühen. Als Beispiel nannte er die Möglichkeit die lokale Umweltverschmutzug zu begrenzen, die Luftqualität zu verbessern, den Überflutungsschutz oder die Verminderung bzw. Vermeidung von Bodenerosion. Ich würde dem noch soziale Probleme wie Unzufriedenheit, fehlende Gemeinschaft sowie die Möglichkeit der teilweisen Selbstversorgung hinzufügen. Diese Lösungsansätze, die auch konkret von Transition Hamburg z.B. in Rahmen von Gartenprojekten vorangetrieben werden passen nicht nur gut zum ersten von Meadows genannten Problemkreis, sondern auch zum zweiten.
Mehr Fokus auf den sozialer bzw. kultureller Wandel anstatt technische Innovation.
Technische Innovationen verbrauchen immer Ressourcen. Die Entkopplung von Materialverbrauch und Industrieproduktion hat sich – wie bereits erwähnt – als Phantasie erwiesen. Wie wir bereits gesehen haben anhand der Formel (siehe ggf. Teil 4):
Verbrauch fossiler Energie = H x c(h) x e(c) x f(e)
gesehen haben spielen neben den technisch beeinflußbaren Größen auch die sozial und kulturell beeinflußbaren Größen eine tragende Rolle. Sich über Suffizienz (Stichwort: genug haben; Frage: Wan habe ich genug, wann bin ich zufrieden?) und den eigenen Lebensstil Gedanken zu machen hat dabei nicht nur Vorteile für die Erde und deren Zukunft, sondern auch unmittelbar auf unsere finanzielle Situation!
Fokus auf Resilienz.
Resilienz ist ein deutlich greifbareres Konzept als das der Nachhaltigkeit. Resilient ist jemand z.B. wenn er eine in Brüche geganene Partnerschaften irgendwann verkraftet (Resilienz im Kontext der Beziehungspsychologie). Resilienz heißt soviel wie Anpassungsfähigkeit im Falle von Krisen. Es wird häufig (und auch ich tue das gelegentlich) mit „Krisenstabilität“ übersetzt. Aber das trifft es nicht ganz. Es geht bei Resilienz weniger darum nachdem man aus dem Gleichgewicht gekommen ist das alte Gleichgewicht wiederzufinden, sondern ein neues Gleichgewicht zu finden. Man kann die Veränderungen, die auf uns zukommen werden gut wie eine in die Brüche gehende Beziehung betrachten. Wir werden nicht durch die Anwendung verschiedener „Techniken“ oder andere Maßnahmen genauso weiterleben können wie bisher. Stattdessen werden wir neue Wege finden müssen. Das muss aber nichts schlechtes heißen. Ebenso wie nicht alle menschlichen Beziehungen gut sind, so kann man auch sagen, dass unsere jetztige Lebensweise uns eben nicht so glücklich macht wie wir uns das gerne einzureden versuchen. Es ist also durchaus möglich, dass wir später mit weniger – an den richtigen Stellen – mehr anderes bekommen – z.B. Zeit für menschliches Miteinander, Kunst usw.
Handel statt Reden.
Zuletzt unterstrich Meadows nachdrücklich, dass die Zeit des Handels gekommen wäre. Wer noch bedarf hat soll reden. Aber das sollte nun nicht länger hinausgezögert werden. In jedem Fall ist es wichtig, dass jeder in seine Umfang beginnt etwas zu tun, seine Resilienz und die seiner Umgebung und Gemeinschaft zu erhöhen. Letztlich geht es genau darum bei Transition und auf meinen Blog. Wer mag komme daher gerne einmal auf einer unserer Veranstaltungen von Transition Hamburg oder auf dem Stammtisch vorbei! Um es mit Meadows Worte zu sagen: „Jeder Einzelne ist gefragt.“