Im Heute: Problembegriff Nachhaltigkeit.
Dennis Meadows war am 07.12.2012 für einen Vortrag in Hamburg und ich war dabei. In Teil 1 meiner Artikel zu dem Vortrag ging es um Meadows Studien zu den Grenzen des Wachstums und in Teil 2, darum wie wir laut Meadows in dieser Misere gelandet sind. Heute wird es in Teil 3 um die Probleme des Begriffes Nachhaltigkeit gehen und darum, was Resilienz heißt und warum es laut Meadows ein besseres Konzept ist als Nachhaltigkeit.
Neben Problem mit Daten adäquat umzugehen sieht Meadows zusätzlich Begriffsschwierigkeiten. Da wir uns bereits auf einem Overshoot-Pfad (siehe hierzu Teil 1) befinden, macht laut Meadwos eine Diskussionen über eine nachhaltigen Entwicklung keinen Sinn mehr. Eine Diskussion und eine Politik der „Nachhaltigen Entwicklung“ hätte Sinn gemacht, bevor wir die Biokapazität überschritten hätten. Nachhaltige Entwicklung wäre ein Szenario gewesen, in dessen Rahmen die verbleibende Wachstumskapazität in den 70er Jahren zu nutzen in nachhaltige (=d.h. auf Dauer stabile) Systeme zu investieren. Nun ist die Investition in dauerhaftere Systeme nicht falsch. Aber wir dürfen nicht mehr erwarten durch Wachstum uns dorthin zu entwicklen. Im Gegenteil. Wir müssen versuchen in künftig zu erwartenden wirtschaftlichen und ökologischen Schrumpfungsprozesse dorthin zu gelangen. Da dieser Schrumpfungsprozess nicht mehr ohne Krisen und Rückschläge möglich ist, machen die Begrifflichkeiten der Nachhaltigkeit (etwa die aus dem Brundtland-Report aus dem Jahr 1987, an dem sich bis heute viele Politiker orientieren) keinen Sinn mehr. Was wir also brauchen ist ein völlig neues Vokabular mit dem der Nachhaltigkeitsdiskurs im 21. Jahrhundert einen Sinn macht. Barrieren für eine fruchbare Diskussion sind laut Meadows nicht bloß der inadäquat gewordene Begriff der Nachhaltigen Entwicklung, sondern auch das unzureichende gemeinschaftliche Verständnis des Begriffes. Nachhaltigkeit kann alles mögliche heißen.
Ein Experiment.
Um zu verdeutlichen, was passiert, wenn wir keine gemeinsame begriffliche Basis für Gepräche habe anhand eines Experimentes. Er wies uns an:
- Zeichen Sie ein Quadrat und einen darin einbeschrieben Kreis, der alle Kanten des Quardates berührt. Zeichen Sie innen einen weiteren Kreis, der gleich Abstände zu allen Kanten des Quadrats hat (einen konzentrischen Kreis). Nun zeichnen sie einen Strich von oben links außerhalb des Quadrates durch die Ecke oben links durch das Quadrat, das Zentrum des Kreises und durch die Ecke unten rechts im Quadrat. Versehen Sie das Ende unten rechts mit einer Pfeilspitze.
- Zeichen Sie ein Quadrat mit einem einbeschrieben Kreis. Und nun eine Schleife in der unteren Hälfte und dann eine Welle in der oberen Hälfte des Quadrates.
Die Bildergebnisse hänge ich in ein paar Tagen hier an. Bis dahin darf jeder mal probieren 🙂 Ich kann jedenfall schon verraten, dass im Vortragssaal zwar jeder im Fall 1. ungefähr das gleiche Bild gezeichnet hatte, im Fall 2 aber nicht. Das Konzept Schleife und Welle ist weniger exakt definiert als etwa das Konzept konzentrische Kreise. Eben ein solches Problem finden wir in der Nachhaltigkeitsdebatte vor. Jeder versteht unter Nachhaltigkeit etwas anderes. Da wir laut Meadows längst die Möglichkeit einer nachhaltigen Entwicklung verfehlt haben und uns nun auf einem Overshoot-Pfad befinden, macht es laut Meadows keinen Sinn mehr Nachhaltigkeit anszustreben. Laut Meadows macht es mehr Sinn die Resilienz von uns persönlich, unserer Gemeinschaften und unserer Gesellschaft zu stärken. Bevor ich jedoch übermorgen in Teil 5 darauf komme, was damit konkret gemeint ist, wird es morgen in Teil 4 zunächst einen Zukunftsausblick auf die Folgen geben, von denen Meadows uns berichtet hat.
UPDATE: Anbei – wie versprochen die Bilder zum Zeichenexperiment: man sieht, dass die Begriffe, die zur Zeichung 1 führen besser definiert sind, als welche, die zu den zwei Beispielen für Zeichnung 2 (es sind noch mehr Möglichkeiten denkbar) führen.
Es ist eben jene Präzision, die uns zum zweifelsfreien Verständnis darüber führen, was eine Schleife oder eine Welle im zeichnerischen Kontext. die uns in der Nachhaltigkeitsdebatte auch für das präsize Verständnis des Begriffs Nachhaltigkeit fehlt. Darum plädiert Meadows für andere, besser definierte Begriffe (wie den der Resilienz) und folgert zusätzlich, dass es wohl noch eine ganze Weile dauern wird, bis die Begriffe der Nachhaltigkeitsdebatte so zweifelsfrei verstanden werden können wie das Konzept der konzentrischen Kreise. Nicht im mindesten wird davon Meadows Bewertung berührt, dass es für nachhaltige Entwicklung im Sinne seines Konzeptes zu spät ist, was bedeutet, dass wir in jedem Fall kein Wachstum mehr haben werden, eher im Gegenteil, einer Schrumpfung entgegenblicken.
Hier gehts zum Teil 4: „Zukunftsaussichten und Bezug zu unser aller Leben.“
2 Kommentare
Es fällt mir schwer einen Strich sowohl durch die Ecke oben rechts als auch unten rechts zu zeichnen. wohl eher unten links oder? und die pfeilspitze sollte auch unten links sein.
Ist es jetzt verständlicher?