Ich habe letztes Jahr Declan Kennedy auf einem seiner Vorträge auf dem Entrepreneurship Summit gesehen und am Abend am Stand der Weinkampagne kennengelernt. Die Weinkampagne bietet Weine in 3-Liter-Bag-in-a-Box-Kisten für einen guten Preis an.
Das Kennenlernen verlief in etwa so: ich bestellte einen Rotwein und fragte dann alsbald, ob es nicht möglich wäre, dass die Weinkampagne auch Biowein in ihr Sortiment aufnehmen könnte. Ein paar Minuten später kam Declan dazu, bestellte ebenfalls einen Rotwein und stellte diesselbe Frage. Daraufhin brachte uns der Weinkampagner zusammen und meinte, dass wir wohl gemeinsame Gesprächsthemen hätten. Und so unterhielten wir uns über Permakultur und Unternehmertum im ökosozialen Bereich, was jeweils genau die Themen waren, aufgrund der wir auf dem Summit waren. Insbesondere, da ich auf dem Weg bin eine Permakultur-Ausbildung zu machen war das Treffen sehr erhellend für mich. Auch Declan war angetan und lud mich ein ihn und Margrit doch einmal mit TJ im Lebensgarten in Steyerberg zu besuchen. Letztes Wochenende war es dann endlich soweit und TJ und ich waren zu Besuch bei den Kennedys.
Margrit und Declan Kennedy
Declan und Margrit Kennedy sind beide Architekten und haben in den letzten 30 Jahren viel für die Verbreitung der Permakultur in Deutschland getan.
Declan Kennedy
Declan Kennedy lehrte Achitektur u.a. an der Technischen Universtität Berlin legte seine Professur jedoch nieder, um sich der Verbreitung der Permakultur zu widmen. So war er etwa z.B. Direktor des europäischen Permakultur-Instituts zwischen 1984 und 1989. Seine aktuellen Projekte sind die Fortentwicklung des Permakulturpark im Lebensgarten Steyerberg (PaLS) und seine Unterstützung für die GAIA Action Learning Academy for Sustainablity (GALA).
Margrit Kennedy
Margrit Kennedy lehrte bis 2002 Architektur als Professorin u.a. an der Univeristät Hannover im Bereich ‚Technischer Ausbau und Ressourcensparendes Bauen‘. Bekannt ist sie vor allem für ihre Bücher zum Geldsystem. Ihr neuestes Buch zu diesem Thema ist „Occupy Money„, in dem sie auf etwas mehr als 100 Seiten ihre Kritik am Geldsystem beschreibt. Einen Überblick erhält man auf ihrer Webseite. Ihr erstes Buch zu diesem Thema war „Geld ohne Zinsen und Inflation“ und ist sehr empfehlenswert.
Die Gemeinschaft Lebensgarten e.V. in Steyerberg.
Der Lebensgarten e.V. in Steyerberg wurde 1985 offiziell gegründet und versteht sich als Gemeinschaft, die soziale, ökologische und spirituelle Vision lebt. Auf dem 27 Hektar großen Gelände befinden sich neben 62 voll ausgestatteten und ökologisch sanierten Reihenhäusern, die u.a. die 99 Mitglieder beherbergen, eine große Gemeinschaftsküche (die Kultur-Küche, kurz KÜKÜ) mit ganz hervorrangendem Essen, mehreren Unternehmen (u.a. eine Gärtnerei, ein Einzelhandelsunternehmen für ökologische Baustoffe und Solartechnik, ein kooperativ betriebener Biolebensmittelladen, eine Goldschmiede, eine Organisationsberatung, sowie Angebieter von Massagen und Psychotherapie), mehrere Waldstücke und mehrere permakulturell angelegte und bewirtschaftete Felder (PaLS).
Gemeinschaftlichkeit
Von besonderer Bedeutung für die Mitglieder ist die gegenseitige Achtung und Toleranz – auch ihrer unterschiedlichen spirituellen Ausrichtungen. Es gibt gemeinsame Feste und Aktivitäten (z.B. Singen, Tanzen), dennoch hat jeder Lebensgärtner auch seine eigenen Projekte, Ideen und Interessen. Wichtig ist ihnen eine gegenseitige Unterstützung ihrer Entwicklung von Fähigkeiten und Talenten sowie eine Kooperation mit der Natur und Ökologie im Alltag. Konflikte und Wachstumskrisen werden als Chance begriffen einander näher zu kommen.
Themen
Eine Auswahl der Themen, für die sich die LebensgärtnerInnen interessiern sind: gesunde Ernährung, gesundes wohnen, Kulturarbeit, natürliche Heilungswege, soziale Kompetenz, systemische Arbeit und die positive Bewältigung von Konflikten. An dem gesammelte Wissen und den gemachten Erfahrungen können auch Außenstehende über das Seminarprogramm der Gemeinschaft teilhaben.
Aktuelle Entwicklung im PaLS
Auf einem neuen Landstück sind vor kurzem eine Sonnenfalle mit diversen Obstbäumen angelegt worden. Noch kürzer liegt die Anlage eines Bachlaufs durch das Gebiet zurück, der eine noch anzulegende Aquakultur mit dem Obsthain in der Sonnenfalle verbinden werden wird. Zusammen mit Declan habe ich am Sonnabend einen Teil des ausgegrabenen Bachlaufs isoliert und gestaltet, während TJ mit anderen Lebensgärtner_innen ein Mandalabeet für die Bepflanzung vorbereitet hat.
Das Haus der Kennedys
Declan zeigte uns am Nachmittag sein Haus, dass ganz im Sinne permakultureller Bauregeln gestaltet ist: auf der Süd-, Ost- und Westseite ist das Haus mit einem ineinander übergehenden Anlehn-Gewächshaus umgeben, dessen Fensterflächen so geneigt sind, dass die höher stehende Sommersonne reflektiert wird und die niedriger stehende Wintersonne vollständig auf die Hauswand fallen kann. Auf der Südseite wird die Sonnenreflektion durch einen davor situierten Teich verstärkt. Ein passives Lüftungssystem (Erdregister) ermöglicht eine Kühlung im Sommer und liefert Wärme im Winter. Dazu verbindet ein Rohr, dass 3 Meter tief in den Boden führt eine Öffnung auf der Außenseite mit einer Öffnung im Gewächshaus. Ist es heiß, wird im Gewächshaus oben eine Klappe geöffnet, durch die warme Luft aufsteigen kann. Der Sog, der dadurch entsteht bewirkt, dass durch das drei Meter in die Erde laufende Rohr von außen Luft angezogen wird. Die Luft wird in drei Meter Tiefe durch das umgebende Erdreich auf die dort immer herrschenden 10 Grad gekühlt. Der umgekehrte Prozess bewirkt im Winter eine entsprechende (Vor-)Wärmung der kalten Winterluft auf 10-15 Grad. Im Haus gibt es neben eine klassischen Toilette mit Wasserspülung und eine Clivus multrum (eine Terra-Preta Toilette). Ausscheidungen und Küchenabfälle erreichen durch separate Zuführungen einen Fermentierungsbehälter, die zusammen mit Holzkohlegaben absolut geruchsfrei (!) über einen längeren Zeitraum zu Terra-Preta Erde werden. Ich war selbst etwas skeptisch, wenn ich auch schon Komposttoiletten gesehen habe. Ich bin jedoch immer wieder über die Geruchsfreiheit erstaunt. Die Toilette im Haus der Kennedys riecht gar nicht und damit wirklich weniger als reguläre Toiletten. Es gebe noch viele weitere Aspekte über die ich schreiben könnte, nur müsste man dazu mehr ein Buch als einen Artikel schreiben.
Solarenergie
Natürlich gibt es auf den Reihenhäusern im Lebensgarten diverse Solaranlagen: sowohl Photovolatik für Strom, mit dem sogar Solarautos betankt werden wie auch Sonnenkollektoren für Warmwasser .
Modellprojekt: off-grid Haus mit Terra-Preta-Permakultur-Garten.
Ein weiteres Highlight auf dem ersten Permakultur-Gelände ist ein Modellprojektbau eines off-grid Hauses, dass völlig ohne Anschlüße aus ökologischen Baustoffen wie Strohballen und Lehm gebaut ist. Wasser wird aus Regen gewonnen, Warmwasser und Strom wird solar gewonnen, weiter benötigte Wärme wird durch nachhaltige Waldnutzung erhalten. Auch zu diesem Projekt könnte man sehr viel schreiben. Ich werde darauf noch einmal zurückkommen, falls ich – wie ich aktuell geplant habe – dort noch einmal einen Kurs gemacht haben sollte.
Alles in allem ist der Lebensgarten in Steyerberg aus verschiedenen Gründen ein interessantes, lohnenswertes und abwechslungsreiches Reiseziel. Und: entspannen kann dort auch sehr gut.
2 Kommentare
Toller Artikel! Ich erinnere mich an das Treffen, ich war der „Weinkampagner“.
Ein kleiner Hinweis: derzeit verkauft die Weinkampagne den Wein in 3-liter Weinschläuchen, nicht in 5-liter.
Schöne Grüße,
Christian
Moin Christian,
cool, dass du dich meldest 🙂
Ich habe die Box-Größe im Text korrigiert.
Danke für dein Feedback.
Gruß
Frank