Don’t say ‚yes‘, if you really mean ’no‘ – Sage nicht ‚Ja‘, wenn du eigentlich ‚Nein‘ meinst. Das war der Titel eines Aufklärungsbuches aus den 70ern Jahren. Was für Sex und Intimität gilt, kann auch auf diverse andere Themen übertragen werden, denn viele von uns sagen viel zu schnell und viel zu oft „Ja“, wenn wir eigentlich „Nein“ sagen wollen oder sollten. Der Hang zur Konformität ist tief verwurzelt: wir wollen gefallen, wir wollen beliebt sein und nichts ist dabei einfacher, als jemandem einen Gefallen zu tun, also auf eine Bitte oder eine Frage mit „Ja“ zu antworten. Das gilt auch und besonders für Lebensentscheidungen:
3 Fatale „Ja“s in meinem Leben.
- „Ja“. Ich habe 2003 begonnen Chemie zu studieren. Ich schnell gemerkt, dass ich damit wenig anfangen kann. Eigentlich interessierten mich Physik, Medizin und Wirtschaft mehr. Letztlich hat es fast 5 Jahre gekostet, bis ich mit einem Bachelor abschloss. Parallel hatte ich zum Glück schon so viele ECTS für einen Master in Bioinformatik gesammelt, dass ich mit relativ geringer Verzögerung mit der Abschlussarbeit beginnen konnte. Letztlich hat mich das „Ja“ zu diesem Fach und die Dauer, bis ich „Nein“ dazu sagen konnte sehr viel Zeit und Nerven gekostet.
- „Ja“: 2008 gründete ich mit einem Kollegen eine Firma. Gleichzeitig baute ich für den Lehrstuhl Software und half im Forschungslabor – ich wollte unbedingt noch vor dem Master eine Veröffentlichung haben. Mich nicht für eines dieser Projekte und gegen alle übrigen zu entscheiden, hat mich den unternehmerischen Erfolg und die Veröffentlichung gekostet. Die Software für den Lehrstuhl war okay aber begeistert hat sie niemanden. Auch hier wären 1-2 klare „Neins“ sehr nützlich gewesen.
- „Ja“. 2013 wollte ich nur meinen Folientunnel bewässern. Die Herausforderung war, dass wir keine Stromversorgung im Garten haben. Statt einfach mit dem Nachbarn zu sprechen und ein Kabel herüberzulegen oder nur eine simple gravitations- und batteriebetriebene Lösung zu bauen und zu kaufen, ließ ich mich beflügelt von meiner für Programmierung, Elektronik und Unabhängigkeit von industriellen Lösungen dazu hinreißen mir einen Raspberry Pi, samt externem Display, Kamera, Temperatur- und Feuchtigkeitssensoren und solarer Stromversorgung zu kaufen. Letztlich habe ich alle Teile Mitte 2015 für einen Bruchteil der Neupreise wieder verkauft. Nicht wenige der Komponenten hatte ich nicht einmal ausgepackt
Ich denke, dem vielen „Ja“-Sagen liegt das Bedürfnis zu Grunde ein guter und leistungsfähiger Mensch sein zu wollen und nichts verpassen zu wollen. Man ist aber nicht weniger wert, wenn man nicht alles macht, was man tun könnte. Nur weil man sich für eine Sache begeistern kann, von der man hört oder liest, muss man sie nicht gleich selbst machen. Für mich ist gerade das letzte entscheidend!
Letzte Woche habe ich „Nein“ gesagt.
Letztes Wochenende war ich mit Freunden von JH auf der Hanseboot, einer Messe über Yachten. Die beiden Freunde haben eine Yacht, mit der sie ab Mitte des nächsten Jahres eine lange Tour machen wollen. Meine Begeisterungsfähigkeit hätte mich leicht dazu bringen können, Pläne zu schmieden ein eigenes Boot zu kaufen. Stattdessen habe ich mir zwar gestattet, mir vorzustellen wie es ist, aber den Trieb, direkt einen Plan zum eigenen Boot zu entwickeln, unterdrückt. Stattdessen habe ich mir überlegt, welche Einrichtungselemente aus dem Boot zu meinem Wohnwagen passen könnten oder die Wohnung auf minimalistischem Wege wohnlicher machen würden. Die Vorstellung, ein Boot zu haben, habe ich genossen und war aber froh, am Abend nicht stundenlang nach Booten recherchiert zu haben, sondern diese Geschichte für diesen Artikel aufgeschrieben zu haben. Das ist für mich Fokus!
Wenn man ein Ziel verfolgt, kann es absolut entscheidend sein, im richtigen Moment zu widerstehen und nicht „Ja“, sondern „Nein“ zu sagen.
Das gilt so auch im größeren Maßstab für unser ganzes Leben.
Mit 54,9 Milliarden Dollar Privatvermögen ist Warren Buffett einer der reichsten Menschen der Welt und der erfolgreichste Investor aller Zeiten.
Auch wenn wir nicht alle so reich werden müssen – oder wollen – wie Warren Buffett, so haben wir jedoch Grund zu der Annahme, dass Buffet es exzellent versteht, seine Zeit einzusetzen. Von einem monetären Standpunkt aus betrachtet, setzt er seine Zeit besser ein als jeder andere.
Was glaubt ihr? Ist man erfolgreicher und am Ende mit dem Ergebnis zufriedener, wenn man gleichzeitig versucht zwei Unternehmen aufzubauen, eine Familie hat, Sport treibt, einen Film dreht, bloggt und ein Buch schreibt und sich als Freelancer betätigt oder nur eins von allen diesen Dingen betreibt? Ich denke, die Antwort liegt auf der Hand: sowohl Erfolg als auch Zufriedenheit hängen zu einem erheblichen Grad von der Aufmerksamkeit und dem Fokus ab, den wir einer Sache widmen. Wie kommt man aber nun von dieser eher abstrakten Einschätzung in die Praxis? Buffet hat dafür die sogenannte 5/25-Methode popularisiert, die ich euch jetzt vorstellen möchte.
Die 5/25-Methode
Schritt 1: Schreibe deine Top-25-Karriereziele auf.
Wenn euch keine 25 Karriereziele einfallen, tun es auch weniger. Ihr könnt die Liste dann einfach mit kurzfristigeren Zielen auffüllen – z. B. Dingen, die ihr in den nächsten oder diesem Jahr, zur Not auch in den nächsten Monaten erreichen wollt.
Schritt 2: Identifiziert eure Top 5
Das sind die Dinge, die ihr unbedingt wollt, Dinge, Fähigkeiten, Positionen oder sonstige Ziele, die euch wirklich am Herzen liegen. Malt einen Kreis jeweils um jedes der Top-5-Ziele, die ihr am liebsten erreichen wollt.
Schritt 3: Zwei Listen
Ihr habt jetzt zwei Listen: eine Liste mit euer Top 5 und eine Liste mit 20 Zielen, eure Top 6-25.
Die erste Liste ist eure „Ja“-Liste. Was macht ihr mit eurer „Ja“-Liste? Ihr fangt jetzt an und arbeitet auf eure Top-5-Ziele hin.
Aber, was macht ihr nun mit den restlichen 20 Zielen? Das ist nicht etwa eure Reserve-Liste, nein, es ist eure „Nein“-Liste. Sie repräsentiert alles, wozu ihr selbst viel zu leicht „ja“ sagt. Daher müsst ihr sie vermeiden! Um jeden Preis! Koste es was es wolle! Ihr werdet euch keinem einzigen Ziel auf dieser Liste widmen, solange ihr nicht mindestens eines der Top-5-Ziele erreicht habt!
Warum ist es so wichtig, dass ihr euch gerade vor diesen 20 Zielen besonders in Acht nehmt? Weil sie das größte Potential haben, euch ständig abzulenken und euch am leichtesten dazu bringen, eure Top-5-Ziele nich zu erreichen. Es ist unmöglich, sich auf 25 Ziele zu konzentrieren und auch mehr als 5 sind extrem unrealistisch: Verarscht euch nicht selbst: wenn ihr euch nicht wirklich konzentriert und den Fokus haltet, werdet ihr auch in 6 Monaten immer noch im „Eigentlich würde ich gerne mal“-Stadium befinden!
Meine Top 5 sind:
- Downsizing: Reduktion von Besitz, Wohnfläche, Müll. Reduktion von Themen, Tätigkeiten und Konzentration auf das, was mir Freunde macht.
- Investieren: Ich interessiere mich seit vielen Jahren für Geldanlagen und füge dem theoretischen Interesse seit 20011 praktische Erfahrungen am Aktien- und Anleihen-Markt sowie mit P2P-Portalen hinzu. Ich entwickele seit vielen Monaten eine Excel-Anwendung für die Bewertung von Wertpapieren und meines Portfolios. Vor kurzen habe ich Warren Buffets Biographie als Hörbuch zu Ende gehört und lese aktuell Luenbergers Investment Science
und Graham und Dodds Die Geheimnisse der Wertpapieranalyse
im Wechsel.
- Publizieren: Schreiben / Bloggen / gelegentlich ein Video. Ich blogge seit einigen Jahren auf verschiedenen Plattformen und experimentiere aktuell mit längeren Texten sowie Video.
- Unternehmertum: ich habe das Glück, dass mein augenblicklicher Job darin besteht, ein Produkt zu entwickeln und die Vermarktung zu organisieren: Customer Development im Sinne Dorfs und Blanks Handbuch für Startups
. Ich würde es als Intrapreneurship bezeichnen. Ich lerne irre viel. Ich kann nur jedem, der nicht direkt gründen will oder kann, empfehlen, in ein Startup zu gehen und ein eigenes Projekt zu forcieren.
- Fitness: Seit mehr als 2 Jahren trainiere ich 2-4 Mal pro Woche (aktuell Laufen und Maximal-Kraft-Training), dusche nahzu ausschließlich kalt und pflege einen überwiegend veganen Ernährungsstil und baue seit 5 Jahren einen Teil meiner Lebensmittel an – wobei ich letzteres in den nächsten Jahren etwas reduzieren werde.