Fortschritt
In unserer Welt bedeutet Fortschritt meist, neue Produkte und Dienstleistungen zu erfinden, die zum maximalen Profit an den Konsumenten verkauft werden können.
In einer anderen Welt könnte Fortschritt bedeuten, Produkte und Dienstleistungen zu erfinden, die das Leben der Menschen verbessern.
Profit vs. Nutzen
In unserer Welt steht Profit und damit die Vermarktbarkeit an erster Stelle. Alle anderen Werte sind dem untergeordnet. Das bedeutet auch: die Dinge, die sich am häufigsten Verkaufen, sind die besten.
In einer anderen Welt könnten Nutzen und Nachhaltigkeit an erster Stelle stehen. Denn, was sollen alle Produkte, wenn wir unseren Enkeln einen nur noch schlecht oder gar unbewohnbaren Planeten hinterlassen? Produkte wären dann die besten, wenn sie echten Nutzen stiften, das Leben der Menschen bereichern und möglichst einzigartig sind.
Gleichförmigkeit vs. Einzigartigkeit
In unserer Welt werden standardisierte Produkte massenhaft gefertigt. Sie sind gleichförmig, konform und für den ‚mittleren Konsumenten‘ gefertigt. Nicht, weil das die beste aller Möglichkeiten ist, sondern weil so die meisten Kunden erreicht werden.
In einer anderen Welt könnte die Herstellung von Dingen eine Kunst sein. Qualität, Ästhetik und Haltbarkeit würden den Prozess dominieren und es könnte ausgezeichnete Handwerkskunst für ein breites Spektrum an Gewerben zur Verfügung stehen. Einzigartigkeit und künstlerische Ausdruckskraft würde geschätzt und die Produkte wären individuell statt konform.
Status und Berühmtsein: Oberflächlichkeit vs. Charakterstärke
In unserer Welt ist Status durch den Besitz der größten Anzahl der beschriebenen gleichförmigen, konformen Industrieprodukte definiert. Teilweise auch durch das „Aberleben“ ebenso gleichförmiger und konformer ‚Erlebnisse‘, (vor allem Reisen), die zunehmend die Form von Produkten haben. Die Massen bestimmen, was ’normal‘ ist und Marken garantieren diese Normalität. Daher dominieren und bestätigen sie auch die Phantasiewelt der Konsumenten. ‚Normal‘ sein ist gut. Wer den Geschmack der Massen am besten verkörpert wird berühmt und wer berühmt ist, ist eine Autorität – auch in Dingen, von denen er/sie keine Ahnung hat. Berühmtsein ist eine Tugend, jeder will berühmt sein und daher ist jeder so sehr auf Äußerlichkeiten und seine Oberfläche fixiert. Aussehen, Kleidung und Besitz machen den Charakter aus – nicht das eigene Verhalten und Wissen.
In einer anderen Welt könnte Status von der eigenen Kunstfertigkeit, von der Urteilskraft, Charakterstärke und Weisheit bestimmt sein. Qualitäten stehen im Vordergrund und weniger Quantität: jeder besitzt weniger, aber dafür einzigartige Dinge, die das Leben bereichern. Erfahrungen werden vor allem bewusst erlebt und die Erkenntnisse daraus bilden den Charakter. Bürger werden für ihr Wissen und ihre Verdienste ausgezeichnet und nicht für Popularität und Marketinggeschick. Niemand wünscht sich Oberflächlichkeit.
Reife und Professionalität: Reden vs. Tun
In unserer Welt ist alles Meinung. Wir als Konsumenten sind selbst ’normal‘, also gleichförmig und simpel und können daher viel einfacher manipuliert und werden. Konsumenten werden durch Gefühle und Meinungen – und nicht durch Denken und Fakten gelenkt. Ebenso werden sie anhand dessen bewertet, was sie sagen und nicht anhand dessen, was sie tun. An Misserfolgen sind immer anderer Leute Schuld. Wer darin am weitesten fortgeschritten, also am normalsten ist, am meisten hat und am meisten tut – egal was – gilt als ‚reif‘ oder ‚professionell‘.
In einer anderen Welt könnten Menschen denken. Sie sind komplex und haben einige Interessen, über die sie jeweils einige Bücher gelesen haben und unabhängige und eigene Gedanken denken und formulieren können. Sie können zwischen Fakten und Meinungen unterscheiden und gelangen zu ihren Entscheidungen durch vernünftiges Abwägen. Diese Menschen lenken ihr Geschick selbst. Bewertet werden sie anhand ihres sichtbaren Verhaltens und trotzdem weicht das von ihnen Gesagte nur selten von dem ab, was sie am Ende tun, da Konsequenz wichtiger ist als Spontanität. Als reif und professionell werden diejenigen angesehen, die darin am weitesten fortgeschritten sind, also diejenigen, die weise und überlegt handeln.
In welcher Welt wollt ihr Leben?
1 Kommentar
Hallo Frank,
vielen Dank für diesen Beitrag. Vieles davon „spürt“ man, wenn man sich ein bisschen Zeit nimmt und mal ein wenig in sich selbst und seine Bedürfnissen hineinhört. Schaut man sich täglich im urbanen Umfeld um, wird einem dann vieles klarer. Dein Artikel bietet dafür einen wichtigen Hinweis.