Finanzielle Unabhängigkeit ist nicht nur eine Basis für mehr Zufriedenheit und Freiheit, sondern auch für mehr Sicherheit. Je früher und mit umso weniger man sie erreichen kann, umso mehr Zeit bleibt im Leben für die Dinge, die man wirklich machen möchte – den Zeit ist das einzige absolut knappe Gut des Menschen.
Finanzielle Unabhängigkeit hat viel mit „genug haben“ zu tun. Zum einen muss man genug (Dinge) haben. Zum anderen gehört dazu die Möglichkeit oder die Unabhängigkeit gehen zu können, wenn man von einer Situation „genug hat“.
Ich plane schon mit Mitte/Ende dreißig finanziell unabhängig zu werden. Wie ich dies schreibe, bin ich war ich Ende 20. Unmöglich? Das hätte ich wohl vor nicht allzu langer Zeit auch noch gedacht. Dabei gibt es einen Weg, der ohne einen Gewinn im Lotto, ohne ein 6-stelliges Gehalt, ohne geniale Idee für eine Internetfirma und ohne Banküberfälle auskommt.
Wie soll das gehen? Ich plane dieses Ziel durch eine unüblich hohe Sparrate erreichen. Andere, die sich mit 40 oder 50 zur Ruhe setzen, wollen sparen 30-40% ihres Einkommens nach Steuern (Nettoeinkommen).
Von dem Geld, dass ich im letzten Jahr verdient habe, habe ich nicht weniger als 75% gespart. Ich plane auch über die nächsten 7-8 Jahre nicht weniger als 60%, besser aber bis zu 80%, meines Einkommens nach Steuern zu sparen. Unmöglich! Wirklich? Ich wäre nicht der erste, der dieses Ziel erreicht. Mehr dazu könnt ihr dazu hier nachlesen.
Im deutschen Sprachraum dominieren Blogs, die helfen finanzieller Unabhängigkeit zu erreichen, indem man sich auf die Erhöhung des Einkommens konzentriert. Meiner Meinung nach ist es aber viel einfacher finanzielle Unabhängigkeit zu erreichen, wenn man weniger ausgibt. Ich habe daher beschlossen einen Blog darüber zu schreiben.
Es gibt schon eine ganze Reihe Seiten und Blogs im deutschen Sprachraum darüber wie man finanzielle Unabhängigkeit erreichen kann. Meist sollen durch „intelligente Anstrengung“ 1-2 Millionen Euro gespart werden. Ich glaube nicht, dass dieser Weg den meisten Menschen offen steht. Ich könnte in meinem Job nur mit geringer Wahrscheinlichkeit ein so hohes Einkommen erreichen, sodass ich, bis ich 40 wäre, 1-2 Millionen sparen könnte. Es ist nicht unmöglich – Leute wie Josef Ackermann verdienten 10-20 Millionen Euro im Jahr – realistisch ist das aber nicht. Auch der Lottogewinn ist höchst unwahrscheinlich (siehe dazu unten: 1).
Ich werde mich bei meinem Vorhaben nicht auf Zufälle oder glückliche Fügungen verlassen.
Ein weiterer Grund für meine Motivation ist, dass es normal geworden zu sein scheint, ein Haus, ein Auto, einen Fernseher, einen Computer, ein Handy und nicht selten auch das McDonalds-Menü mit Kreditkarte zu bezahlen.
Warum scheinen immer weniger Menschen in der Lage zu sein, sich das Geld, dass sie brauchen vorher zu verdienen?
Hauskredite sind besonders bitter. Die französische Sprache ist da ehrlicher und verschleiert nicht, worum es geht. Das französische Wort für Hypothek (ein anderes Wort für Hauskredit) heißt „mortgage“.
Das Wort „mortgage“ setzt sich aus den beiden Wörtern „mort“ (le mort = der Tod) und dem Wort „gage“ (le gage = das Schloss, die Schuld, die Verpflichtung) zusammen Es heißt also soviel wie eingeschlossen sein bis zum Tod oder schuldig sein bis zum Tod oder die Verpflichtung bis zum Tod. (2)
Sehen wir uns nach dieser Wortbetrachtung an, warum da in der Praxis was dran ist:
- Angenommen ich leihe mir 200.000 Euro für ein Haus. (Abschlussgebühr 1% = 2000 Euro)
- Nehmen wir an, der Kredit läuft über 30 Jahre und der Zinssatz beträgt 5% (*)
- Pro Jahr werden also 10.000 Euro Zinsen fällig.
Insgesamt sind das circa: 10.000 * 30 = 300.000 Euro Zinsen. Dazu kommt dann noch die Tilgung in einer Höhe von 200.000 Euro.
Ich zahle also 500.000 Euro zurück. Ich zahle also effektiv das 2,5-fache! (Tatsächlich zahlt man effektiv „nur“ etwa das 2-fache – warum steht hier: (3),(4)) Ich habe mich schon früh entschieden, dass das für mich absolut nicht in Frage kommt.
Zugegeben, die Zinsen schwanken mit der Zeit und sind seit 2009 niedrig, was aber immer noch bliebt ist der unerfreulich hohe Geldbetrag, den man zurückzahlen muss – und, wenn die Immobilienpreise einmal nicht nur nach oben gehen, verpasst man zudem Möglichkeiten Geld mit anderen Investments zu verdienen. Ein Kredit zwingt einen verschuldeten Menschen jahrzehntelang auf gleichbleibendem Niveau Geld zu verdienen. Arbeiten muss und will (ja, ich denke auch ‚will‘) wohl jeder, aber ein Kredit erfordert, dass man mindestens die monatliche Kreditrate+Lebenshaltungskosten über Jahrzehnte hinweg zahlen können muss – kein Sabbatjahr, keine berufliche Neu- oder Umorientierung. Geben verschuldete Menschen ihren Job auf – und das auch oft nur für kurze Zeit – können sie schon sehr bald ihren Zins-Zahlungen nicht mehr nachkommen und laufen so Gefahr ihr Haus zu verlieren – und damit nicht selten die Familie oder zumindest das ersehnte Familienglück.
Je länger man zahlt, umso höher wird auch der gefühlte Verlust und umso schwieriger wird es psychologisch die Situation bei nachträglicher Besinnung zu verlassen. Ein Lock-in Effekt.
Kredite binden Menschen also indirekt 30 Jahre an ihre Arbeit (*) – es gibt einen guten Grund dafür, warum es keine 60-Jahre-Hypotheken im Angebot gibt, denn die typische Dauer der produktiven Lebensarbeitszeit beträgt eher 30 als 60 Jahre.
(*) Gut, nicht an eine bestimmte Arbeit, aber mindestens an eine Arbeit, die es ermöglichen muss die Zins-Zahlungen zu erfüllen und den weiteren Lebensunterhalt zu verdienen – das lässt für viele kaum großen Spielraum für andere Lebensentwürfe.
Die 30-Jahre-Hypothek ist daher schon eine Verpflichtung bis zum (oder zumindest kurz vor den) Tod. Ihr Leben gehört Ihrem Job – nicht umgekehrt – wie viele gerne glauben!
Ich habe mich entschieden, dass mir das nicht passieren wird.
Ja, ich will arbeiten und auch etwas leisten – ich will aber nicht zu einem Job gezwungen werden, den ich vielleicht bald nicht mehr mag, ich will nicht einem Kredit, sondern mir selbst und dem dienen, was mir wichtig ist. Ich will Neues lernen und vieles ausprobieren. Ich will meine Kinder kennenlernen und kein reiner Wochenendvater sein. Ich will mein Leben nicht nur im Flugzeug, hinter dem Steuerrad, hinter dem Schreibtisch oder in Meetings verbringen. Auch, aber nicht nur.
Dafür werde ich hart sparen.
Wie viel sparst du? Wie lange planst du in deinem aktuellen Job zu arbeiten – und wieviel Stunden pro Woche? Wann willst du mit deinem Job aufhören (können) – oder besser gefragt: Ab wann willst du entscheiden können, was du tust, wie lange du es tust und was du lieber bleiben lassen möchtest? Was möchtest du tun, wozu du sonst nie genug Zeit hast?
Quellen/Kommentare:
(1) Für einen 6er im Lotto stehen die Chancen 1:14 Millionen – man müsste also 14 Millionen Lottoscheine kaufen, um sicher zu gehen, dass man gewinnt – ein Gewinn von 5 Millionen würde dann also ein Minus von 9 Millionen bedeuten.
(2) http://dict.leo.org/
(3) http://www.zinsen-berechnen.de/hypothekenrechner.php
(4) Zugegeben: Die Rechnung ist vereinfacht, verdeutlicht aber das Prinzip, dass wir erheblich mehr zahlen müssen, wenn wir uns Geld leihen, als wenn wir bar bezahlen oder den Kauf sein lassen. Wer prüfen möchte, dass man dennoch auf etwas weniger als das doppelte kommt, kann das hier tun: http://www.zinsen-berechnen.de/hypothekenrechner.php (Eingabehinweise: Kreditsumme 200.000 Euro, Abschlussgebühr 1% = 2000 Euro, Zinssatz ist 5.00%, Tilgungsrate und Monatsrate lassen Sie berechnen, Restschuld sollte am Ende 0,00 Euro sein, die Abschlussgebühr beträgt in der Regel 1% der geliehenen Summe: hier also 2.000 Euro, Sonderzahlungen habe ich mit 0,00 Euro angegeben).
2 Kommentare
Das meine Argumentation oft zutreffend ist, zeigt folgendes Interview mit der unabhängigen Finanzberaterin Helma Sick bei Brigitte: http://www.brigitte.de/job-geld/geld/geldtipps/geld-tipps-helma-sick-immobilie-kaufen-oder-mieten/
[…] angeblich die Verschuldungssituation ihrer Mitarbeiter ausnutzen und denen mehr Arbeit aufhalsen. Über Hauskredite habe ich mich schon einmal hier ausgelassen. Für mich ist schon fraglich, ob man sich überhaupt 120qm leisten sollte. Warum reichen nicht auch […]