In Teil 1 ging es um die Geschichte und die gesundheitlichen Vorzüge des Kohls. Heute soll es um die praktische Anwendung gehen.
Kohl essen – aber wie?
Dumme Frage? Ja und nein. Darreichungsform und Menge beeinflussen entscheidend die gesundheitliche Wirkung von Kohl. Viele gesundheitsförderliche Substanzen in frischen Lebensmitteln – wie auch in Kohl werden von der Art der Zubereitung (hier: kochen) mehr oder weniger beeinträchtigt. Aber es gibt Tricks: ich stelle hier vier Varianten vor.
1. Kohl roh essen.
Man kann Kohl roh essen. Wem das reicht hat alles erledigt. Einfach jeden Tag 100 Gramm Brokkoli und/oder anderen Kohl zu sich nehmen und fertig.
2. Kohl vor dem Kochen zerkleinern und stehen lassen
Roher Kohl enthält überhaupt kein Sulforaphan. Es entsteht erst, wenn durch die Zerstörung der Zellwände des Kohls ein Vorläufermolekül (Glucoraphanin) mit dem Enzym Myrosinase in Kontakt kommt. Das Problem beim Kochen ist nun, dass die Myrosinase bei Hitze desaktiviert wird und so kein Sulforaphan entstehen kann. Sofern ihr aber den Kohl vor dem Kochen ordentlich zerkleinert: wirklich klein schneiden, zerdrücken oder gar mixt und anschließend 45min stehen lasst, ist eure Dosis Sulforaphan bereits entstanden. Dem fertigen Sulforaphan kann die Kochhitze nichts anhaben.
3. Myrosinase nach dem Kochen hinzufügen.
Ihr könnt auch folgendes tun: ihr kocht euren Kohl und isst zusätzlich etwas frischen: ich finde, dass sich dazu insbesondere Kohlrabi gut eignet. Ein weiterer Trick ist euren gekochten Brokkoli mit Senfpulver (Achtung! Es muss kalt gemahlenes sein!) hinzufügt. Senf gehört wie Kohl zu den Kreuzblüttlern und enthält in roher Form ebenfalls Myrosinase. Ich habe eine zeitlang herumrecherchiert und Firmen angerufen. Und das Senfpulver von Space Islands wird kalt gemahlen. Ihr könnt es z.B. hier bestellen: Spice Island Senfpulver scharf 50g. Ich habe mir gleich mehrere gekauft, da es diese Sorte nicht in jedem Supermarkt gibt.
4. Kohlsprossen insbesondere Brokkoli-Sprossen essen
Oft enthalten Jungpflanzen pro Gewichtseinheit ein vielfaches mehr an attraktiver Chemikalien im Vergleich zu ihren erwachsenen Gegenstücken. Das gilt insbesondere auch für das Sulforaphan in z.B. Brokkoli. Es ist daher sehr lohnend den Garten auf der Fensterbank zu aktivieren. Man kann Brokkoli-Samen für 20 EUR das halbe Kilo kaufen und sich daraus große Mengen frischer Brokkoli-Sprossen ziehen. Brokkoli-Sprossen enthalten circa 4x soviel Sulforphan wie erwachsener Brokkoli. Für 20 EUR bekommt ihr ungefähr 10 kg Brokkoli, wahrend ihr aus 500 Gramm Sprossen locker die doppelte Menge erhalten könnt (Greger behauptet in How Not to Die es wären sogar 60kg, mag sein, da ich aber nicht sicher bin, schätze ich konservativ).
Wer es erst einmal ausprobieren will, dem kann ich diese Sorte Bio-Brokkoli-Samen empfehlen: diese: Bio-Brokkoli-Keimsprossen (20g) oder diese Bio-Brokkoli-Sprossen (30g)
. Mit letzteren habe ich angefangen. Manchmal gibt es die auch im Biosupermarkt. Das sind dieselben wie auf dem Bildlink links.
Wer es richtig wissen will, kann sich die im Verhältnis billigere, größere Menge hier bestellen: Brokkolisamen, bio 500g (Bildlink rechts). Kostenmäßig nicht zu schlagen. Wenn ihr noch keine Sprossenzucht habt, wird es wirklich Zeit – denn nicht nur Brokkoli- bzw. Kohlsprossen sind sehr gesund. Dasselbe trifft auch auf Radieschen-, Linsen, Bohnensprossen usw. zu. Es gibt keine einfachere Methode die eigene, frische Gemüseversorgung, und sei es auch im tiefsten Winter und völlig ohne Garten und Balkon, zu unterstützen als durch eine Sprossenzucht. Ich habe sowohl das Dehner Sprossenhaus, zur Anzucht von Keimsprossen, mit 4 Schalen
, als auch zwei Sprossengläser: A. Vogel – Bioforce Keimglas Bio-Snacky
.
Man kann aber auch ganz simpel mit einer Schale anfangen – das Spülen fällt aber mit den benannten Modellen leichter und gemessen an dem Gesundheitswert, den man erhält sind die auch nicht teuer.
Wenn euch das Thema nicht mehr loslässt oder ihr eine Familie habt und etwas Geld in die Hand nehmen wollte, für den ist möglicherweise der automatischer Keimkasten EasyGreen
eine Lösung. Ich habe vor zwei Jahren ernsthaft darüber nachgedacht, es bisher aber doch gelassen. Wenn jemand das Gerät kauft, wäre ich über eine Review dankbar. Für mich eine zu konsumistische Option, aber wer einen großen Haushalt oder gar kein Bistro oder kleines Restaurant betreibt ist das vielleicht etwas. Hatte gerade gestern ein Gedankenspiel mit JH, wie es denn wäre, wenn man Fast-Food-Brot mit Tofu und Sprossen darauf kaufen könnte oder verkaufen würde, …
Halbarkeitshinweis zu Kohl
Noch ein genereller Hinweis zur Praxis: insbesondere die dichten Kohlköpfe – also Wirsing, Weißkohl und Rotkohl – halten sich im Kühlschrank mindestens eine Woche: wir haben daher meist einen Kopfkohl im Kühlschrank, von dem man einfach in den Salat, mit in die Gemüsepfanne oder zum Direktnaschen abschneiden kann. Auch ganz interessant: nicht selten ist Rotkohl, wenn man die gesundheitliche Potenz bedenkt im Vergleich zu allen anderen Kohlsorten der günstigste.
Übertreibt es nicht! Eines ist noch zu bedenken: überschreitet nicht 4 volle Becher voll Kohlsprossen oder 30 Becher voll Rohkohlmenge, das könnte dann doch zu viel werden.
Kohl – Nahrungsergänzungsmittel?
Ich bin kein grundsätzlicher Gegner von Nahrungsergänzungsmitteln. Es gibt ein paar, die die Gesundheit positiv beeinflussen. Das gilt auch für Ergänzungsmittel aus Kohl. Allerdings: eine Kapsel, die Kohl-Extrakt enthält nur ungefähr so viel Substanz wie das 10-fache an Frischmasse. Statt einer Kapsel, die 0,5-1 Gramm wiegt, könnt ihr als auch genauso 10 Gramm frischen Kohl zu euch nehmen – also lieber eine Tüte Brokkoli ins Eisfach stellen oder Sprossen ziehen!
Kohl selbst anbauen
Wenn ihr einen Garten euer eigen nennt, dann könnt ihr Kohl selbstmurmelnd auch dort anbauen. Er ist allerdings bei Schnecken recht beliebt. Da hilft nur absammeln. Und zieht ein paar mehr Pflanzen als nötig, dann klappt es möglicherweise sicherer. Wir bauen dieses Jahr auf jeden Fall Ostfriesische Palme an (eine Grünkohlsorte) wie auch mehrjährigen Kohl – der eh schon da ist: ist eine mehrjährige Blattkohlsorte – geniales Zeug. Weiterhin werde ich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit noch Brokkoli und Blumenkohl in vorgezogener Form im Baumarkt kaufen. Schließlich kommt noch ein F1-Kohlrabi auf den Acker: gigantische Teile!
Ich kann euch letztlich nur empfehlen alle vier vorgestellten Varianten zu nutzen. Schon als kleiner Junge war Brokkoli mein Lieblingsgemüse – es sah für mich aus wie kleine Bäumchen. Damals wusste ich noch nicht, dass der Name vom Lateinischen bracchium (dt.: Ast) abgeleitet ist, was bedeutet, dass ich kaum der erste war, dem die Ähnlichkeit auffiel. Wie dem auch sei: versucht mehr Kohl zu essen, am besten jeden Tag. Das geht vielleicht nicht von Anfang an: fangt mit einmal an, dann einmal pro Woche, dann alle paar Tage und dann macht eine Challenge: esst für eine Woche oder einen Monat jeden Tag Kohl. Züchtet euch gleich Sprossen und besorgt euch Senfpulver und lasst euch nicht beirren, falls ihr Brokkoli auf den Tod nicht leiden könnt – auch die anderen Kohlsorten sind alle sehr gesund und viele – z.B. Kohlrabi enthalten ebenfalls Sulforaphan, wenn auch nicht ganz so viel.
Lebet lang, gesund und in Frieden!