In diesen beiden Artikeln (1, 2) habe ich über das Fasten in Bezug auf Lebensmittel geschrieben. Im Gegensatz zur Strategie der kleinen Schritte, die sich in vielen Bereichen des Lebens großer Beliebtheit erfreut, repräsentiert das Fasten einen radikaleren Ansatz. Dieser lässt sich auch auf finanzielle Angelegenheiten übertragen. Einfach gesagt:
Kauft nichts, außer absolut Notwendiges – so lange ihr könnt!
Warum eine radikale Methode wie finanzielles Fasten? Natürlich erreichen wir Ziele in Schritten, aber wir müssen uns zunächst einmal etwas Großes Vornehmen. Etwas, das mehr als einen Schritt erfordert, denn sonst kommen wir nicht wirklich vom Fleck: i.e. einmal ein Kaffee zu sparen bringt etwas, aber nicht viel, für’s Abnehmen hilft es nicht, nur eine Portion Pommes weniger zu essen und wenn man fit werden möchte, dann reicht es nicht, einmal laufen zu gehen. Eine Radikalkur kann helfen, eine neue Perspektive zu gewinnen und wirklich zu starten. Es ist wie mit jeder Sucht: man kann mit dem Rauchen oder der Geldverschwendung nur sehr schwer schrittweise aufhören – besser funktioniert es, ganz aufzuhören.
Ein finanzielles Fasten kann euch als Experiment helfen euer bisheriges Ausgabeverhalten zu durchbrechen. Seht es als Vorbereitung dafür, den Latte-Effekt wirklich nutzen zu können: ein finanzielles Fasten, während dem ihr fast alle eure Ausgaben auf Null reduziert, kann euch helfen (regelmäßige) Ausgaben zu identifizieren, auf die ihr gut verzichten könnt – und schon seid ihr dabei, etwas mehr auch dauerhaft zurücklegen. Mit jeder Runde, die ihr finanziell fastet, kann eure Sparrate steigen und damit euer finanzielles Polster.
Zur praktischen Umsetzung:
- Dauer und Notwendigkeiten definieren: ihr gebt solange ihr könnt (mindestens aber 21 Tage) kein Geld aus: Ausnahme sind lebensnotwendige Dinge wie Medikamente, Essen, Miete, Versicherungen und Zahlungen, die ihr versprochen habt – macht euch ZUVOR klar, was für euch eine absolute Notwendigkeit darstellt: SCHREIBT ES AUF! Sonst ist es zu leicht möglich, sich selbst zu beschei*en. Schreibt euch ebenfalls die Dauer auf.
- Für das erste Mal: für Anfänger: fangt nach ein paar freien Tagen bzw. einem Urlaub an: ihr habt dann sowieso gerade eine gute Zeit gehabt und solltet eher in der Lage sein etwas hauszuhalten und Verzicht zu üben – das ist allerdings keine Entschuldigung für Extra-Ausgaben im Urlaub!
- Plastikgeld: im Alltag sind EC- und Kreditkarte tabu. Es gibt genügend Untersuchungen, die zeigen, dass man mit Plastikgeld deutlich nachlässiger umgeht.
- Ausgabentagebuch: alle Ausgaben werden notiert. Und zwar VOR DEM KAUF! Bargeld wird nur für Dinge ausgegeben, die ihr ZUVOR überlegt und auf AUFGESCHRIEBEN habt! Nach dem Kauf dann die Preise notieren: für jedes Item separat! Kommt JA nicht mit etwas nach Hause, dass ihr euch NICHT VORHER überlegt habt!
- Peer pressure nutzen: sofern es euch nützt: erzählt Familie, Freunden und Firmenkollegen von eurem Vorhaben. Überlegt euch insbesondere vorher, wie ihr mit potentiellen Geschenken umgehen wollt. Wenn ihr Extradruck gebrauchen könnt, benutzt StickK: dort könnt ihr Geld hinterlegen, das im Falle eures Versagens einer Organisation gespendet wird, der ihr nie und nimmer Geld spenden würdet – z.B. einer Stiftung, die euren Werten widerspricht.
- Versuchungen vermeiden: Ihr überlegt euch in dieser Zeit nicht Dinge, die ihr später kaufen wollt:
- keine Internetrecherchen
- kein Schaufenster-Shopping!
- Zeit nutzen: Nutzt die Zeit, die ihr nun frei habt, euch finanzielle Ziele zu setzen! Dazu hilft euch vielleicht dieses Video.
- Den Erfolg feiern: wenn ihr euer finanzielles Fasten geschafft habt, dann gönnt euch danach etwas – allerdings nicht alles Gesparte verballern!
Wirkung:
- Ihr werdet euch eures Ausgabenverhaltens deutlich bewusster und könnt euch überlegen, was euch davon aufhält und was zu unterlassen euch möglicherweise viel leichter fällt, als ihr glaubt. Genau deswegen ist es wichtig, dass es länger als zwei Wochen dauert. Ihr werdet bestimmte Ausgaben 1-2 Wochen vermissen und dann nicht mehr. Das bekommt ihr aber nicht heraus, wenn ihr nur eine Woche finanziell fastet!
- Ihr werdet in dieser Zeit Geld zurücklegen können und etwas in den Geschmack kommen wie es ist, wenn es immer so wäre.
Ein einmaliges 21-tägiges finanzielles Fasten wird euch nicht helfen schwerwiegende finanzielle Probleme zu lösen. Aber es ist ein Anfang! Und: ihr könnt es so oft wiederholen ihr wollt!
Falls ihr es ausprobiert: schreibt einmal wie es euch damit ergangen ist!
p.s.: auch das Lebensmittelfasten hat einen finanzielle Aspekt: man muss in dieser Zeit weniger (intermittierendes Fasten) bis (fast) gar nichts (reguläres Fasten) für Essen ausgeben. Man könnte z.B. eine Woche fasten es als extremer Variante, der 25-EUR für Lebensmittel für eine Woche Challenge auffassen – wenngleich die ursprüngliche Motivation eher gesundheitlich und/oder im Training der Entschlossenheit und Disziplin begründet sein kann.