In Teil 2 und Teil 3 haben wir technische und praktische Tipps kennengelernt, um die Heizkosten um bis zu 33% zu senken. Heute wollen wir noch weiter gehen.
Disclaimer: Außer für Wim Hof Fans (siehe hier) ist dieser Artikel höchstwahrscheinlich für die allermeisten nicht als Anleitung zur 1:1-Umsetzung geeignet. An anderen Orten finden sich jedoch immer nur sehr moderate Empfehlungen zum Thema Heizen und mit diesem Artikel möchte ich das Spektrum etwas erweitern: sei es, den ein oder anderen zu einem – wie lange auch immer dauernden – Experiment zu inspirieren oder einfach nur zu verdeutlichen, was theoretisch möglich ist. Meiner Meinung nach lässt sich von extremen Positionen mehr lernen als von moderaten: an jemanden, der 10km läuft, erinnert man sich nicht, aber an jemanden, der 100km läuft schon eher.
Kühl!
Über Monate war JH in ihrer alten Wohnung im Winter einer Temperatur bis zu 11 Grad Celsius ausgesetzt (zugiger Altbau). Die Heizung war schon im September ausgefallen und und da das Gebäude verkauft werden sollte, hatten es die Besitzer mit der Reparatur nicht eilig – ganz im Gegenteil. Viele Tage war das sehr nervig und wir kontemplierten die Möglichkeiten. Der Vermieter reagierte nicht wirklich, auf einen Rechtsstreit hatte auch niemand so richtig Lust und immer nur bei mir rumzuhängen, war auch keine Dauerlösung. Ich fand die Aussicht, eine längere Periode mit wenig Heizwärme auskommen zu müssen, zunehmend interessant. Es zeigte sich zunehmend, dass es reichte, gelegentlich einen Heizlüfter zu verwenden, mit dem man genau den Ort heizen konnte, an dem man sich befand. Ebenso hatte man es bei Nutzung des Ofens in der Küche wärmer: z.B. wenn wir Ofengemüse oder Brot machten. Viel mehr als 15ºC wurden es aber trotz solcher Maßnahmen selten. Tatsächlich dauerte es nur sehr kurz bis wir uns daran angepasst hatten. Die Lösungen waren einfach: mehr Kleidung tragen, mit dicken Decken auf dem Sofa oder ins Bett kuscheln.
Die Raumtemperatur
Beim Heizen gibt es eine offensichtliche Größe: die Zieltemperatur in euren Räumen. In Punkt (1) von Teil 3 habe ich angegeben, welche Temperaturunterschiede für unterschiedliche Räume empfohlen werden. Warum aber ist das so? Im Falle von Bad und Küche hängt es mit der dort freigesetzten Feuchtigkeit und der entsprechend erwarteten höheren Luftfeuchtigkeit zusammen, die man verhindern möchte, um Schimmelbildung zu vermeiden. In Wohnräumen wird generell davon ausgegangen, dass es den Menschen drin nicht kalt werden soll. Das finde ich auch. Nur ist die Frage, wie man das erreicht. Man kann natürlich bei 21ºC im T-Shirt im Winter im Wohnzimmer sitzen. Man kann es aber auch bei 13-14ºC aushalten, wenn man zwei Schichten Kleidung trägt und sein Aktivitätsniveau etwas anpasst: etwa indem man zwischen durch immer wieder mal ein paar Liegestütze machen oder mit einer Kettlebell herumspielt 🙂
Die Bildung von Feuchtigkeit vermeidet man allgemein nicht durch entsprechende Temperaturen – wenn die freigesetzte Feuchtigkeit zu hoch ist, kann sich auch bei 24ºC noch Feuchtigkeit absetzen. Was ich sagen will ist, dass solange die Feuchtigkeit in der Luft niedrig genug ist, dann setzt sich auch keine Feuchtigkeit ab. Da kalte Luft weniger Feuchtigkeit aufnehmen kann, ist bei kühleren Temperaturen schneller eine hohe Luftfeuchtigkeit erreicht, daher ist es leichter, Feuchtigkeitsbildung zu vermeiden, wenn es wärmer ist. Das ist aber keine unveränderliche Voraussetzung. Mit einem Hygrometer lässt sich die Luftfeuchtigkeit genau überwachen – und solange die Luftfeuchtigkeit im akzeptablen Bereich ist (40-60%), muss man auch keine Feuchtigkeitsbildung befürchten – gerade dann nicht, wenn man keine unterschiedlichen Temperaturen in der Wohnung hat – z.B. 14ºC. Im JHs alter Wohnung hatten wir keine Feuchtigkeitsprobleme – trotz der niedrigen Temperaturen.
Extrem!
Die Geschichte mag euch grotesk vorkommen – und das muss sie auch in einem Zeitalter überheizter Wohnungen, aber es war nicht nur früher normal, dass es im Winter kälter war. Auch heute ist das noch erlaubt: z.B. beträgt die niedrigste akzeptable Bürotemperatur 12ºC – sofern die zu erledigende Arbeit entsprechend viel körperliche Aktivität erfordert. Dazu gibt es sogar eine Bestimmung im Dokument über Technische Regeln für Arbeitsstätten.
Wenn wir uns dem Thema Heizen mit der Maxime nähern, dass wir wollen, dass Menschen und nicht Gegenständen warm ist, dann macht es Sinn, spezifisch die Orte zu heizen, an denen sich die Menschen auch tatsächlich aufhalten und das muss nicht der ganze Raum sein: mit dem schon erwähnten Heizlüfter den man sich an den Schreibtisch stellt, oder auch mit einem Heizkissen oder einer Heizdecke lässt sich da was erreichen. Und wenn man die nicht den ganzen Tag laufen lassen muss, explodieren auch nicht gleich die Stromkosten.
Es gehört zwar sicher nicht zu den “normalen” Spar-Strategien, aber man kann durchaus die Heizung insgesamt niedriger ein- bzw. ausstellen – und solange man die Luftfeuchtigkeit im Blick hat und entsprechend reguliert – etwa Lüften oder im Zweifel doch einmal kurz Heizen und dann wieder Lüften – sollte man gut zurecht kommen.
Mindestens als Versuch geeignet
z.B. für zwei Oktoberwochen und die letzten beiden Märzwochen geeignet:
Wenn wir von einer normalen durchschnittlichen Raumtemperatur von 20ºC rechnen und stattdessen mit 15ºC auskommen, dann spart das 5 x 6% = 30% Wärme.
Faktor Wohnungsgröße
Ein zweiter entscheidender Parameter ist die Wohnungsgröße. Für eine Wohnungstyp, der in puncto Isolierung, Schnitt und Heizungstyp äquivalent ist ist der absolute Wärmebedarf abhängig von der Größe, sodass eine 40-Quadratmeter-Wohnung weniger verbraucht als eine 80-Quadratmeter-Wohnung: also, wenn Sparsamkeit für euch eine Priorität ist, dann solltet ihr euch überlegen in eine kleinere Wohnung zu ziehen. Das hat noch viele weiter Vorteile.
Ich für meinen Teil muss nicht unbedingt weiter bei 12ºC im Winter wohnen. Aber 20ºC sind auch nicht nötig. Ich bin mit Temperaturen ab 15ºC sehr zufrieden – wobei die Möglichkeit, diese punktuell erhöhen zu können, nicht nur nicht schadet, sondern für mich willkommen ist. Im Prinzip hätte ich am liebsten einen Holzofen, was im Moment jedoch nicht möglich ist. Eine Möglichkeit zur besseren Kälteverträglichkeit zu drillen ist die Methode von Wim Hof. Dazu habe ich auch schon einmal einen Artikel geschrieben: Mit Schnee und Eis für Körper und Geist – Wim Hofs „Iceman“-Methode.
Wer das alles gar nicht will und trotzdem Wärme sparen möchte, kann als alternative extreme Maßnahme einfach in wärmere Gefilde ziehen: in Südspanien muss man weniger Heizen als in Norddeutschland 🙂