Judith Henning ist Historikerin, Künstlerin und Permakultur-Designerin. Sie war 2013 eine von zwei Permakultur-Lehrerinnen auf dem ersten Permakultur-Design-Kurs in Hamburg.
Judith Henning ist urbane Permakultur-Designerin und beschäftigt sich seit vielen Jahren mit Wurmkisten. Weiteres findet ihr auf ihrer Webseite: judithhenning.de
Judith hat sich im Rahmen ihres Permakultur-Studiums intensiv mit Wurmkompostierung daheim beschäftigt, hat bereits zahlreiche Wurmkisten gebaut und mit unterschiedlichen Designs experimentiert. Sie hat zum Thema Wurmkisten bereits u.a. auf der ersten Bodenkonferenz in Hamburg (am 21. September 2013 auf dem Hof vorm Deich) einen Vortrag gehalten. (NEU (2020): Judiths neues Buch: Kompostieren mit der Wurmkiste) Ich habe Judith zum Thema interviewt:
Wie bist du erstmals auf das Thema Wurmkompostierung aufmerksam geworden, womit hast du angefangen und was fasziniert dich daran?
„Normale“ Komposthaufen kenne ich so lange ich mich erinnern kann aus dem Garten meiner Großeltern, darüber, ob Regenwürmer oder Kompostwürmer daran beteiligt waren, habe ich damals nie nachgedacht. Und von der speziellen Technik des Wurmkomposts in einer Kiste, ohne Bodenkontakt habe ich erst 2009 gehört, als ich angefangen habe, mich mit Permakultur zu beschäftigen.
Da habe ich das erste Mal eine Wurmkompostkiste in der Küche des Besitzers gesehen. Nach dem Kochen haben wir in Gemüsereste direkt vergraben haben, das fand ich toll. Dass die Grünabfälle praktisch gar nicht erst zu „Müll“, also eklig stinkendem Zeug wurden, das man in einem Eimer sammelt und das dann weggebracht wird, sondern dass sie direkt wieder in den Kompostkreislauf eingegangen sind, in dem sie zu fruchtbarer Erde wurden, und dass man dabei fast zuschauen kann.
Meine erste eigene Wurmkompostkiste habe ich 2011 in San Francisco angelegt. Ich habe an einem Wurmkistenkurs teilgenommen, bei dem ich eine gute Handvoll Würmer mitnehmen konnteund habe noch am selben Tag mit den Küchenabfällen vom Abendessen als Wurmfutter in einem Schuhkarton angefangen.
Warum meinst du, dass Wurmkompostierung ein wichtiges Thema ist? Warum sollte ich mich damit auseinandersetzen?
Die Wurmkiste ist eine Möglichkeit, im eigenen Umfeld einen natürlichen Kreislauf zu schließen und das Wunder des Bodens zu erleben. Wenn man sich klarmacht, dass der Boden die Grundlage sämtlichen Lebens auf der Erde ist, ergibt sich dadurch eine Rückbindung zu etwas sehr Ursprünglichem.
Direkt profitieren kann man einerseits durch Müllvermeidung: kompostierbare Abfälle machen 1/3 des Hausmülls aus, es können zwar nicht alle davon in der Wurmkiste verarbeitet werden, aber man schafft es, das Müllaufkommen um ca. ¼ zu reduzieren. Dadurch kann man auch Müllgebühren sparen.
Und wenn man selbst Zimmer- oder Balkonpflanzen hat, kann man auf einem zweiten Weg direkt profitieren und sogar indirekt noch viel Gutes tun:
Man kann Kompost ernten, den man als Blumenerde bzw. Dünger gebrauchen kann. Das spart mir selbst Geld und Wege, außerdem wird Energie eingespart, die beim
Abtransport des Mülls, der zentralen Kompostierung, der Herstellung und dem Transport von Blumenerde bzw. des Kunstdünger anfallen würde. Dazu kommt, dass es bei Blumenerde, die oft aus Torf gewonnen wird – also durch Abbau von Mooren – auch noch um den Erhalt von Ökosystemen, und CO2-Senken geht… Eine einzelne Kompostkiste ist zwar nur ein kleiner Baustein, aber im Prinzip bestehen all diese Verbindungen. Außerdem macht es einfach Spaß.
Eine Wurmkiste in der Wohnung heißt also: sich die Wohnung mit Würmern teilen. Das hört sich ja in den Ohren eines Stadtbewohners erst mal nicht so appetitlich an. Stinkt das nicht? Wie funktioniert das?
Eine gut gepflegte, funktionierende Wurmkiste riecht überhaupt nicht unangenehm; im Gegenteil: dadurch dass viel weniger Küchenabfälle im Kompost- oder im Restmülleimer landen, riechen diese auch weniger, so dass sich die Gesamtgeruchssituation in der Küche sogar verbessern kann. Und die Kiste selbst, riecht – wenn man sie denn öffnet – nach Erde.
Und klar, sich Regenwürmer bzw. Kompostwürmer in die Wohnung zu holen ist schon etwas mehr „Wildnis“ in unserer Nähe als wir gemeinhin gewohnt sind. Man kann es als Abenteuer sehen… wenn man weiß, was man tut und bestimmte Grundregeln beachtet, ist das kein Problem. Man kann Kiste so bauen, dass Würmer nicht entkommen können und meiner Erfahrung nach haben die Würmer überhaupt keinen Drang, die Kiste zu verlassen. Es spricht auch nichts dagegen die Kiste auf dem Balkon, dem Dachboden oder der Garage aufzustellen, solange es nicht zu kalt ist.
Und was ist mit Kindern? Ist das nicht letztlich doch zu unhygienisch für das Haus?
Kleinere Kinder interessieren sich sehr für alles, was kriecht und krabbelt, vielleicht ist es gut, die Kiste verschließbar zu machen, gleichermaßen als Schutz für die Kinder wie für die Lebewesen in der Kiste, da diese es ja gerne ungestört und dunkel haben. Auch größere Kinder akzeptieren die Würmer meiner Erfahrung nach gerne als „Haustiere“, und sind besorgt, dass sie genug gefüttert werden, meine 10-jährige Patentochter findet sie „ganz süß“.
Vielen Dank für das Gespräch.
Neuigkeit 2020: Judith Henning hat ein Buch geschrieben: Kompostieren mit der Wurmkiste.