An den letzten Wochenenden haben wir im Garten viel geerntet. Schon zuvor haben wir uns schon peux-a-peux mit dem Haltbarmachen verschiedener Speisen beschäftigt. Also etwa mit dem Einlegen, Fermentieren oder Vergären. Gestern waren wir im Zaubertrank zur Einleitung. Der Zaubertrank versteht sich als „Adresse für Geheimnisvolles, Merkwürdiges, Verlorengeglaubtes, Interessantes und Individuelles aus fast allem, was in Hamburg und Umgebung wächst.“ Dort bekommt man dort fabrizierte historische Genuß-, Lebens- und Lustmittel. Auch kann man dort sein Gemüse Mosten oder seine Früchte keltern lassen oder eigenes Obst, Gemüse, Früchte, Baumharze, Blüten usw. verabreiten lassen. Ein Besuch lohnt sich definitiv, man muss aber Zeit einplanen!
Wieder einmal wurde mir in der für angehende Kunden obligatorischen zweistündigen Einleitung wieder bewußt wieviele Nährstoffe durch Kochen zerstört werden. Zwar will ich da jetzt nicht anfangen dogmatisch zu werden. Aber mal etwas mehr – oder überhaupt mal – selbst zu fermentieren wird sicher kaum schaden – eher im Gegenteil. Milchsauer vergorene Lebensmittel sind nicht nur sehr bekömmlich, sondern es bleiben ihnen sämtliche Vitamine und sekundäre Pflanzenstoffe erhalten. Tatsächlich bilden sich bei der Vergärung sogar noch zusätzliche Vitamin-C-Komplexe (danke für den Hinweis Hans-Georg!), Besonders bekannt ist, dass Schifffahrer früher mit Hilfe von Sauerkraut (milchsäureverorener Weißkohl) die Skorbut vermeiden konnten, da sich Vitamin C darin wochenlang frisch hält. Einer meiner Anlässe ins Zaubertrank zu gehen war neben der für mich interessanten Einführung der Kauf eines Gärtopfes (den ich leider nicht sonstig auftreiben konnte) für die Herstellung von Sauergemüse. Allem voran möchte ich aus den noch circa 15kg Weißkohl auf unserem Balkon Sauerkraut herstellen. Laut dem Wirt Hans Georg kann man laktofermentierte Produkte aus dem Supermarkt im Grunde vergessen, da diese immer zusätzlich pasteurisiert sind und dadurch viele der Inhaltsstoffe zerstört werden, obwohl eigentlich eine sachgemäße Fermentierung zur Haltbarmachung bereits völlig ausreicht und in dem Fall Pasteurisieren im Grunde unnötig ist. Zumindest habe ich das so verstanden.
Nachdem wir heute viel Kohl, Rettich, Mangold und eben Rote Beete geernet haben, dachte ich heute abend, nachdem ich alles geschält hatte und gelesen hatte, man sollte Rote Beete eigentlich möglichst nicht vor dem Einkochen schälen, da diese sonst ausblutet (!?#), dass ich sie doch am besten gleich auch milchsauer vergäre. Gesagt getan. Hobel (den TJ mal wo abgestaubt hat) raus. Gläser abgekocht. Rote Beete Hobel in Gläser gefüllt. Feste mit dem Löfel angedrück und noch mehr eingefüllt.
Jetzt noch 1 Liter Wasser + 10g Salz als Lake hersgestellt. Die in Gläser gefüllte Rote Beete mit Lake übergossen und den Deckel unvollständig aufgeschraubt. Fertig.
Zunächst soll das jetzt für 3-8 Tage (je nach Quelle im Web, ich nehme 5) in einem warmen Raum (15-25 Grad Celsius) stehen, damit sich die Milchsäurebakterien überhaupt erst einmal vermehren können. Vielleicht impfe ich die Gläser noch mit einem Tropfen selbst hergestellter Molke. Anschließend kann man die Gläser in einen kälteren Raum stellen (Keller, aber nicht Balkon – zumindest nicht mehr im Oktober). Nach 4-6 Wochen ist die Beete dann verzehrsfertig. Man kann sie eigentlich jederzeit essen. Der Geschmack wird nur mit der Zeit immer intensiver. Haltbar ist es dann wohl noch ’ne ganze Weile. Sauerkraut hält sich laut Haltbarmach-Almanach (den ich ausdrücklich empfehle!) weit bis ins nächste Jahr. Mal schauen, ob die Rote Beete bis dahin nicht längst in meinem und TJs Magen verschwunden ist 🙂
Im Moment sind meine Gläser mit einem Deckel unvollständig verschlossen. Morgen werde ich mir irgendwo kleine Untertassen organisieren und diese dann statt dem Deckel auflegen und zusätzlich mit einem Stein o.ä. beschweren, damit zwar bei der Vergärung entstehendes CO2 austreten aber kein Sauerstoff eintreten kann – ansonsten kann es zur Bildung von unerwünschten Pilzen („Kamschicht“) kommen. Ggf. werde ich noch eine Schicht gehobelten Meerettich darüberschichten. Über Meerettich müsste man eigentlich einen eigenen Artikel schreiben, so „magisch“ ist die Wurzel. Glücklicherweise wächst es bei uns im Garten an vielen Stellen „wild“ (bzw. weil unser Vorgärtner es hie und da gepflanzt hat). Kleber schreibt über Meerettich, man könne mit Hobeln überschüttete Äpfel bei auch sonst guten Lagerbedingungen bis zu 8 (!) Jahre lagern. Nun, selbst wenn das nur 1-2 Jahre werden ist das absolut irre. Ich werde es beizeiten mal ausprobieren. Dieses Jahr war die Apfelernte nicht gut genug.
6 Kommentare
Hi Frank,
die Japaner arbeiten auch viel mit eingelegtem Gemüse. Eingelegter Ingwer z.B. gibt es dort wie Sand in der Wüste und ist sehr lecker. Aber auch sehr viele andere Sachen werden unter anderem mit Sojasoße fermentiert. Geschmacklich ein Hochgenuss.
Hi Enrico,
nach meinem bisher bescheidenen Lesestudium über Rettich und insbesondere Meerettich meine ich nun besser zu verstehen, warum die Japaner so alt werden. Bei Soja war ich zunächt seine Zeit lang euphorisch und habe davon recht viel zu mir genommen (das war so vor drei Jahren), bis ich irgendwo gelesen habe, dass das darin enthaltene Genistein wie Östrogen (weibliches Hormon) wirkt und angeblich japanische Frauen ihren Männern immer recht viel Soja eingeflöst haben, wenn sie befürchteten ihre Männer gingen fremd, habe ich zunächst das Gegenteil gemacht und einen weiten Bogen um Soja gemacht. Heute denke ich, dass es – wie wohl bei fast allem – auf die Dosierung ankommt und verwende in Maßen wieder Tofu bzw. tofuhaltige Würstchen und Austriche sowie Shoyu- oder Tamari- Sojasauce z.B. zu Seitan oder zu Dünst-Gemüse.
Ich bin jedenfalls gespannt, ob du konkrete Haltbarmachtipps generell oder speziell aus Japan hast 🙂
Gruß
Frank
Hallo Frank,
abgesehen von den weiblichen Hormonen im Soja – und davon haben die reichlich – gibt es auf dem Markt kein nichtgentechnisch verändertes Soja. Allein aus diesem Grunde sollte man es meiden.
Zu den Haltbarmachtipps. Überall auf der Welt wird gleich haltbar gemacht: Trocknen durch Salz, Zucker oder Luft. Erhitzen und fest verschließen. Kühlen bis hin zu Einfrieren. Luftdicht verschließen. Lichdicht verschließen. Vergären durch Hefe oder Milchsäure. Räuchern. Radioaktiv bestrahlen. Chemikalien.
Als vitaminschonend hat sich Kälte, Trocknen, Dunkelheit und oder vergären erwiesen. Am besten in Kombination.
Liebe Grüße
Hans-Georg Schaaf vom Zaubertrank
Rene möchte gern beizeiten das hier machen:
http://kyotofoodie.com/how-to-make-nukazuke-nukadoko/
das ist wohl so das ultimo an fermentation. in 2 wochen fertig!
http://en.wikipedia.org/wiki/Nukazuke
Fett. Schaue ich mir mal beizeiten an.
Danke Hermann!
Moin Hans-Georg,
danke für deine Hinweise – auch die per Mail. Die Fehler habe ich jetzt korrigiert. Noch ein Hinweis, der so jetzt nicht im Text steht:
Hans-Georg empfiehlt für ein bessers Geschmacksergebnis die Rote Beete zunächst doch zu kochen. Hier noch ein Teil aus seiner Mail an mich: „Nach dem Kochen mit der Hand aus der Schale gequetscht, sprich mit der Hand die Schalenreste, die sich leicht lösen lassen, abgewischt — oder geschält. Grundsätzlich sollen alle Wurzelgemüse gründlich geschält werden, damit keine Erdreste (Steinchen usw.) im Lebenmittel verbleiben und sich nicht zwischen Zahnhals und Zahnfleisch setzen und die Zähne zerstören. Erst schälen und dann kochen läßt die Erdfrucht allerdings wirklich ausbluten. Idealer Weise bitte im Dampfdrucktopf kochen. Erstens sparte es Zeit und Energie und außerdem kann man so kochen, daß der Kern noch Biss hat und so Vitamine am Leben bleiben. Damit aus den roten Beeten etwas Flüssigkeit entweicht salzt man die Rote Beete. Wenn man das dann gut durchknetet, zieht das Salz etwas Flüssigkeit aus der Roten Beete, die die Milchsäureseren benötigen, um sich zu bewegen. Die Rote Beete in Lake zu legen ist eigentlich nicht nötig. Damit die Feststoffe nicht oben rausschauen und austrocknen oder schimmeln, beschwert man mit Steinen. Sprich man legt einen Teller auf das Gemüse im Steintopf oder Glas (Teller kleiner als Glashals) und legt dann einen oder mehrere Steine drauf. damit der Teller das Gemüse unter die Flüssigkeitsoberfläche drückt. Über das ganze muß gegen Insekten abgedeckt werden.“
Vielen Dank noch einmal dafür und euch anderen wünsche ich viel Spaß beim Fermentieren zuhause!