Alex hat zu meinem Artikel „Wann bin ich finanziell unabhängig?“ einige interessante Anmerkungen gemacht und eine Diskussion angeregt, die ich mit diesem Artikel fortführen möchte.
1) Alex: „Die Grafik suggeriert, dass man in der Genussphase der finanziellen Unabhaengigkeit effektiv 3%-8% Zinsen erzielt. Das halte ich persoenlich ohne erhoehten Risikoeinsatz nicht fuer realistisch. Mit einem geschickt gewaehlten Anlagezeitraum konnte man sich bis vor kurzem bei serioesen Banken im Besten Fall ca. 3,75% Zinsen sichern. Die durschnittliche offizielle Inflationrate fuer das vergangene Jahr lag bei 2,3%. Effektiv bleiben noch 1,55% Zinsen.„
Wie hoch mein persönlicher Realzins ist, hängt von zwei Größen ab: 1) vom Nominalzinssatz, den ich auf mein Kapital bekomme und 2) von der Höhe meiner Inflation.
Die persönliche Inflation.
Für „normal“ angenommene 1,5% Inflation muss ich für 3% Realzins 5,7% Zinsen und für die von Alex erwähnten 2,3% Inflation sogar 6,7% Realzins erwirtschaften (inkl. Abgeltungssteuer). Das liegt über den Möglichkeiten der meisten aufwandsfreien Anlagemöglichkeiten wie Festgeld oder verwalteter Anlageformen wie ETFs, ist aber mit Anleihen oder mit einem selbstverwalteten Aktienportfolio durchaus erreichbar – erfordert aber Zeit und Kenntnisse – keine Frage. Die persönliche Inflation ist keine so fixe Größe wie es den Anschein hat. Sie wird vom statistischen Bundesamt als gewichteter Durchschnitt von Preisveränderungen bestimmter Waren und Dienstleistungen (=“Warenkorb“) angegeben. Dazu werden die Preisänderungen für Produkte wie Superbenzin, Gemüse usw. erfasst und dann entsprechend der Mengen, die davon durchschnittlich gekauft wird zur offiziell ausgewiesenen Inflation verrechnet. Die Auswahl der Waren und Dienstleistungen im Warenkorb folgt repräsentativer Stichproben – es geht hier also um das, was der Durchschnittsdeutsche kauft. Wenn aber mein eigenes Einkaufsverhalten vom Durchschnitt abweicht, kann meine persönliche Inflation höher oder niedriger als die offiziell ausgewiesen ausfallen. Allgemein liegt die persönliche Inflation schon einmal ein ganzes Stück niedriger, sofern mein Budgetanteil für Energie niedriger ist als der des Durchschnittsdeutschen, denn sofern wir die Energieteuerung außer Acht lassen, liegt die Inflation der Restgüter bei moderaten 1,3%.
Die Inflation für Superbenzin lag im April 2012 gegenüber April 2011 bei 7,0% – im Februar sogar bei 8,1%, während sich mein Dauerticket „nur“ um 2,6% verteuert hat. Während Fleisch und Brot um 5,6 bzw. 4,1% teurer wurden, fielen die Preise für Gemüse (inkl. Kartoffeln) allgemein um 1,9%.
Interessant ist jetzt aber, dass wiederum Eisbergsalat als Teil von Gemüse preislich um 40% (!) zulegte – nicht zuletzt auch darum lohnt sich in meinen Augen der Salatanbau – und natürlich weil er frisch am besten ist bzw. sowieso insgesamt recht teuer ist. Wer schon einmal Rauke „angebaut“ hat (angebaut ist schon zuviel gesagt – einmal ausgesät vermeht sie sich wie Hulle), fragt sich wieso das Zeug so dermaßen überteuert ist.
Eine wichtige Rolle spielt auch wo ich kaufe: während für Einzelhandelspreise im April 2012 gegenüber dem Vorjahr um 2,3% stiegen, fielen sie für denselben Zeitraum für Einkäufe im Internet um 4,0%. Angaben für alle Produktbereich finden sich hier.
Zur Inflation finden sich zwei gute einleitende Artikel auf dem Blog DieKleinanleger.com
Meine persönliche Inflation.
Letztenendes kann es also sein, dass in Abhängigkeit von meinen Konsumentscheidungen meine persönliche Teuerungsrate niedriger liegt – das ist bei uns mit einiger Sicherheit der Fall, da der Energiekostenanteil an unserem Gesamtbudget deutlich niedriger ist, als für den Durchschnittsdeutschen, da wir z.B. wenig Auto fahren, eine kleine Wohnung haben und recht wenig heizen.
Inflation der Strompreise als Motivation zur Stromselbstversorgung.
Noch eine Anmerkung zum Warenkorb – alle Werte enthalten
Mehrwertsteuer sowie andere Verbrauchersteuerangaben. Dazu noch eine Überlegung: die Preissteigerung für Strom lag für April 2012 gegenüber dem Vorjahr bei 2,6%. Wer nun also in Solarzellen auf dem eigenen Dach oder Balkon investiert, erhält nicht nur 5% Zinsen, sondern spart sich in Zukunft natürlich ebenfalls diese Form der Preissteigerung (womit wir dann bei 7,6% Einnahmen auf die Investition kämen – recht stattlich für eine nicht (selbst-)verwaltete Anlageform).
2) Alex: „Eine risikofreudigere Anlage mit der moeglichkeit hoehere Zinsertraege zu erziehlen halte ich fuer die den geplanten Einsatz des Kapitals als Lebensgrundlage ungeeignet – von den moralischen Aspekten ganz abgesehen. Das mitlerweile sogar die FAZ vom Mythos spricht wenn Privatpersonen das Geld fuer sich arbeiten lassen wollen finde ich bezeichnend.„
Wer weniger Geld braucht ist finanziell unabhängiger.
Zunächst einmal sollte man meiner Meinung nach unter einem finanziell unabhängigem Lebensstil nicht allein ein Leben von passivem Einkommen aus Wertanlagen verstehen. In jedem Lebensbereich, in dem ich die Notwendigkeit des Faktors Geld reduzieren kann, werde ich finanziell unabhängiger. Schon länger ist bekannt, dass beim Einkaufen bis 40% des Preises durch Zinsen zustande kommen, die für Kredite gezahlt werden, die die Firmen der Wertschöpfungskette für eben dieses Produkt aufbringen muss (*). Benötige ich weniger – oder gar kein Geld für eine Ware oder Dienstleistung, so verringert sich auch automatisch dieser für mich unproduktive Ausgabenanteil. Natürlich macht das längst nicht in allen Lebensbereichen Sinn – ich werde mir beispielsweise mit Sicherheit nie einen Toaster bauen – auch wenn das wohl möglich ist. Meine persönlichen Kosten in puncto Zeit, um einen Toaster selbst zu bauen wäre enorm viel höher als der Preis, den ich dafür im Laden oder Onlineshop bezahlen müsste – ob mit oder ohne 40% eingepreistem Zinsanteil im Preis.
(*) Genaueres findet sich etwa in Magrit Kennedys Buch Occupy Money.
Unabhängigkeit nach Lebensbereich.
Strebt man nach mehr (finanzieller) Unabhängigkeit, finde ich es hilfreich die Lebensbereiche separat zu betrachten. Das habe ich bereits einmal hier angedeutet.
Macht etwa mein Stromverbrauch einen Wert X aus und die daraus entstehenden Kosten einen Anteil Y an meinem Gesamtbudget aus, so kann ich durch Beschaffung von Solarzellen bzw. durch Aufstellen eines Kleinwindrades in diesem Lebensbereich finanziell unabhängig werden.
Dasselbe gilt z.B. für den Bereich Ernährung. Auf unserem Garten stehen circa 40 Apfelbäume, die im schlechtestenfall so 30kg pro Baum tragen dürften. Das sind dann 1,2 Tonnen – mehr als genug für die 5 Beteiligten Parteien – und finanziell etwa 600 Euro Wert (sofern wir sie nicht zu Saft oder Most veredeln) – und damit doppelt so hoch wie die Pacht. Und Äpfels sind bei Weitem nicht unser einziges Produkt.
Ja, die Ernte und Pflege kostet Zeit, aber auch nicht soviel – langfristig ist bei unserer Gartengröße (3000qm) mit circa 250 Stunden verteilt auf alle Beteiligten zu rechnen. Und natürlich sind alle Produkte inflation- und steuerfrei.
Bemerkung zur Zinskritik.
Noch eine Anmerkung zum Thema Zinsen. Es gibt ja hie und da Zinskritiker, die Zinsen an sich für das Übel der Gesellschaft und der Welt halten. Und trotzdem die Kirchen wohl aktuell unpopulär wie nie sind, kommt es nicht von ungefähr, dass die Zinsen die gesamte Geschichte über in christlich dominierten Zeiten einen schlechten Stand hatten. Dennoch kann ich eine generelle Zinskritik nicht uneingeschränkt unterschreiben. Unser Währungssystem hat so seine Macken, aber auf Kapital soll es meiner Meinung nach in einem gewissen Rahmen schon Zinsen geben.
Stellen wir uns dazu einfach mal einen Wald vor. Bei nachhaltigem Management produziert der 4-5% Holz im Jahr. Das ist aus meiner Sicht ein realistischer Zins des Kapitals Wald. Das Prinzip des Zinses halte ich hier für durchaus valide, gar für eines, dass aus der Natur abgeschaut wurde. Schon anders sieht es mit kontinuierlichem Zinseszins aus – so kann z.B. das geerntet Holz im Wald nicht einfach hingelegt werden, um dann auf diese Menge nächstes Jahr auch 4-5% Neuholz zu erwarten. Das uns der Wald das Holz natürlich nicht automatisch zur Verfügung stellt wie uns Zinsen auf einem Tagesgeldkonto gutgeschrieben werden stimmt natürlich. Aber einfach hohe Zinsen gibt es auf dem Kapitalmarkt auch nicht wie oben festgestellt.
3) Alex: „Generell ist die Annahme von 800EUR auch relativ niedrig angesetzt. Was passiert wenn der Arbeitsgeber gezwungenermassen gewechselt werden muss und Pendeln mit OEPNV oder Auto erforderlich wird und/oder alternativ Gehaltseinbussen hinzunehmen sind? Wie sieht die Haushaltssituation beispielsweise mit Kindern und ohne durch ein Angestellenverhaeltnis finanzierte Krankenversicherung aus?„
Einkommen und die (unsichere) Zukunft.
Nun, 800 Euro halte ich für eine Summe, die man auch dann verdienen können sollte, sofern der Arbeitsplatz unverhofft gewechselt werden muss. Generell halte ich das „Katastrophenargument“ – sei damit konkret Arbeitslosigkeit oder auch eine Wirtschaftskrise mit diversen weiteren Folgen gemeint – für unzulässig: ich bin mit niedrigem Budget und einem Mix an Quellen, aus denen ich meine Versorgungsgüter beziehe immer resilienter aufgestellt, als jemand, der ein klassisches Mittelschichtsleben führt.
Verkehr, Wohnung und Zeug.
Die Kosten für öffentliche Verkehrsmittel halten sich in Grenzen, wenn man nicht übertrieben weit weg wohnt – in dem Fall würde ich umziehen – ganz klar. Ein Auto habe ich noch nicht nötig gehabt. Falls mir ein Umzug „zu schwierig“ vorkommen würde, wäre das für mich ein klares Signal dafür, dass es Zeit wird großzügig Sachen aussortieren. Nicht erdrückend viel Zeug zu besitzen, von dem schon aus zeitlichen und praktischen Gründen eh nur ein sehr geringer Prozentsatz wirklich regelmäßig verwendet werden kann, ist für mich ebenfalls ein wichtiger Indikator für ein unabhängiges Leben. Viele Dinge muss man einfach nicht allein besitzen. Im sich gerade entfaltenden Zeitalter des Post-Ownership und der gemeinsamen Konsumierens kann man sich vieles gemeinsam leisten (großer Garten, Auto) oder ausleihen (Werkzeuge, spezielle Küchenutensilien) Wer meint an einem bestimmten Ort leben zu „müssen“ – dem ist das im Falle dafür höherer Kosten dann wohl eben wichtiger als finanziell unabhängiger zu sein. Das muss jeder selbst entscheiden. Wir leben schießlich in einem freien Land! Nur glaube ich an ein „hier leben müsse“ nicht, sondern halte diese Meinung für das Ergebnis einer bewußten Auswahl oder eines Selbstbetrugs.
Kinder.
Kinder kosten Geld – aber auch nicht so sehr viel, wenn man seinen Kindern nicht ein überschwängliches Konsumentenleben finanziert – was sowieso nichts bringt. Ich finde das Mr. Money Mustache (Englisch) da mal eine interessante Auswahl von Optionen vorgestellt hat. Zugegeben – er hat eben eine Zeit auch sehr gut verdient und lebt daher z.B. in einem großen, recht teurem Haus – sofern man darauf verzichten kann kommt man, glaube ich, wieder in befahrbareres Wasser.
Krankenversicherung.
Beim Thema Krankenversicherung scheiden sich die Geister. Anders als in Amerika gibt es in Deutschland nicht so viele Optionen hier zu sparen. Ich bin aktuell noch – wie wohl die meisten – gesetzlich krankenversichert. Mein Kenntnisstand ist, dass sich mein Krankenversicherungsbreitrag – sofern ich mich als Privatier zur Ruhe setzen sollte – sich an meinen Zinseinkünften orientert. Da mein Budget – wie oben benannt – recht niedrigt ist, werde ich den Mindestbetrag von 150 Euro bezahlen müssen. Vorraussetzung ist allenthalben, dass ich mind. 24 Monate bei meiner letzten Versicherung war. Wer hier über abweichende Informationen verfügt, der melde sich doch bitte gerne!
3 Kommentare
Hallo Frank,
vielen Dank für deine ausführliche Antwort.
Inflation:
Grundsätzlich vermute ich, dass der über die Bevölkerung gemittelte Wert der persönlichen Inflation höher liegt als der offiziell angegebene – aus politischen Gründen. Ich denke hierbei an die Aussagekraft der offiziellen Arbeitslosenstatistik. Ansonsten gebe ich dir natürlich Recht, dass dieser Wert von den Konsumgewohnheiten des Individuums abhängt. Mobilität und Klimatisierung des Wohnraums sind sicherlich die zwei größten Posten des direkten individuellen Energieverbrauchs. Aus eigener Erfahrung weiß ich welche Eisparungen sich hier mit intelligenter längfristiger Planung und Genügsamkeit realisieren lassen.
Ebenso habe ich die Herausforderungen unter anderen Rahmenbedigungen kennengelernt, wie Klimazone, energetische Gebäudestandards, Stadtgeopgraphie, Infrastruktur, usw.
Zinserträge:
Zu der Diskussion welche Gewinne mit einem selbstverwalteten Aktienportfolio langfristig möglich sind und welcher zeitlicher Aufwand dem gegenübersteht kann ich leider nicht mit persönlichen Erfahrungswerten beitragen. In welcher Größenordnung die Zinsen liegen, wenn man sein Geld bei einer Bank anlegt, die das Geld wiederum nach definierte Kritieren der ökologischen und sozialen Nachhaltigkeit anlegt, kann man z.B. bei den Konditionen der GLs-Bank einsehen (Tagesgeld 0,7%
p.a.). Deshalab finde ich es interessant direkt in Sachwerte zu investieren, wie von dir beschrieben. Der vergleich mit den Solarzellen hinktjedoch etwas, weil das Investitionsobjekt kontinuierlich and Wert verliert dadurch, dass Solarmodule auf absehbare Zeit immer günstiger produziert und angeboten werden können. Bei dem Beispiel mit den Obstbäumen ist mir der sehr niedrige Stundenlohn von 2,4EUR aufgefallen, der sich aus den genannten Zahlen ergibt.
Ich bin vorsichtig damit, Zinsen in unserer Geldwirtschaft grundssätzlich als problematisch darzustellen, weil ich dazu die Volkswirtschaftlichen Zusammenhänge
unzureichend verstehe (für gute Literaturvorschläge und/oder Erklärungen bin ich dankbar!). Ich meine jedoch verstanden zu haben, dass Wirtschaftswachtum in einen gewissen Zusammenhang zu Zinsen steht. Ich bin davon überzeugt, dass das Streben nach Wirtschaftswachstum im klassichen Sinne, wie es z.B. mittels BIP gemessen wird ein gefährlich ist, weil es die die Aspekte ökologischer und sozialer Nachhaltigkeit völlig unberücksichtigt lässt. Wenn sich dann ein
Unternehmen in Zusammenhang mit diesem Wachstumsindex z.B. eine hohe Eigenkapitalrendite vorschreibt (die Deutsche Bank hatte zeitweise 25%) halte ich das für problematisch. Aus dem Blickwinkel der Suffizienz kommt dem klassische Wirtschaftswachstum zur Zeit eine zu große Bedeutung zu.
Ich bin mir nicht sicher, ob ich den Vergleich mit dem Wald richtig erfasst habe. Ich verstehe, dass durch den Kohlenstoffkreislauf dauerhaft kein neuer Sachwert geschaffen wird und bei nachhaltigem Wirtschaften der Bestand nicht dauerhaft verkleinert wird. Es wird lediglich ein Baum zu z.B. Bauholz temporär veredelt und somit temporär in den Wirtschaftskreislauf aufgenommen. Wenn man das Bauholz auf dem Markt anbietet kann man mit dem Wald demzufolge nachhaltig einen monetären Ertrag erwirtschaften. Das Wertschöpfungsniveau ist natürlich begrenzt. Wirtschaftswachstum wird durch Effiziensteigerung und Mehrarbeit ermöglicht. Das stetige die Effizienzsteigerung in vielen Bereichen sehr problematische ökologische und soziale Folgen mit sich bringt ist bekannt. So scheint es zumindest nicht sinvoll zu sein ein bestimmtes Zinsniveau zu überschreiten. Kommen Zinseszinsen überhaupt in der Natur vor?
Einkommen:
Bei meiner Bemerkung bezüglich den 800EUR gab es ein kleines Missverständnis. Ich halte es für durchaus realistisch 800EUR netto dauerhaft zu verdienen. Ich fand lediglich eine Begrenzung der GesamtAUSGABEN auf monatliche 800EUR relativ niedrig angesetzt. Wobei meine Zweifel dadurch relativiert wurden, dass die Kosten für die Krankenversicherung in diesem Fall monatlich nur 150 EUR betragen – ich war von einem höheren Betrag ausgegangen.
Genug geschrieben. Jetzt tue ich mal etwas sinnvolles und lege mir einen kleinen Kräutergarten an.
Gruß,
Moin Alex,
Zur Inflation:
also ich glaube nicht, dass die Inflationswerte aus politischen Gründen so stark modifiziert werden. Das machen Behörde, deren Belegschaft ja nicht jedes Jahr neu gewählt wird. Die Wertentwicklung der Produkte im „Warenkorb“ kann man selbst nachprüfen. Dass zum Beispiel 1% der Inflation allein auf Energieteuerungen zurückzuführen ist halte ich z.B. schon für richtig. Dauerhaft wird das wohl mehr – aber so ein System ist halt träge: es befinden sich ja noch viele Inputfaktoren im Umlauf die zu Zeiten niedrigerer Energiekosten produziert wurden usw.
Was sich in der Inflation nicht ausdrück ist das Risiko weiterer Steigungen – also ein Stabilitäts-, Resilienz- oder Risikomaß. Das würde m.E. Investitionsentscheidungen und Konsumgewohnheiten ggf. auch noch etwas modifizieren – zumindest in meinem Fall.
Investieren in Aktien bzw. in Solar.
Die augenblicklich undurchsichtige Lage an den Finanzmärken lässt mich auch zurückhaltend sein. Nach einem möglichen Crash wäre es aber sicher lohnend in den ein oder anderen Sektor zu investieren. Gehen die Kurse runter, kann man sich mit seinem Geld auf einmal einen größeren Teil der Ökonomie kaufen, als an einem Bullenmarkt. Als Richtschnur wäre für mich die Energieintensität, die Relevanz der Produkte und die Möglichkeit Inputlieferungen substitutieren zu können. In jedem Fall würde ich mich nie allein auf Kennzahlen wie p/e-Verhältnis, Verschuldungsquote, Beta oder sonstwas verlassen. Ich würde ein Unternehmen und ein Produkt schon genauer verstehen wollen, bevor ich investiere. Und insgesamt investiere ich auch lieber in von mir direkt kontrollierbare Sachwerte. Ich glaube übrigends nicht, dass sich der Preisverfall bei Solarzellen unbegrenzt fortsetzen wird. Die Herstellung ist sehr energieaufwändig und aus meiner Sicht wird aufgrund steigender Energiepreise schon bald der Punkt erreicht sein, ab dem PV nicht mehr im Preis fallen kann. Ich bin sogar davon überzeugt, dass sich der Prozess noch wieder umkehren wird: also das der Preis wieder steigen wird. Daher halte ich es auch für wichtig da JETZT zu investieren und nicht zu warten, bis der Faktor Energie noch knapper und damit noch teurer wird.
Arbeitszeit im Garten und Verdienstrechnung.
Die 250 Stunden beziehen sich auf den Garten als ganzes und nicht allein auf den Obstbau. Ich würde schätzen, dass der Obstbau um die 30-40h an Zeit im Jahr kostet – auf unserer Fläche wohlgemerkt. Und da kommt noch mehr als die genannten 1,2-1,5 Tonnen Äpfel zustande. Wir haben hier noch Birnen, Pflaunen, Kirschen, Nussbäume, Heidel- und Himbeeren, Stachelbeeren, Johannisbeeren… ist nur schwer abzuschätzen wieviel das wird. Der Rest der 250 Stunden bezieht sich auf alles andere (circa 250 Quadratmeter Gemüseanbau mit einer Minimalen Erntemenge von 500kg) Imkerei (voraussichtlich 3 Völker mit Honigernteleistung von circa 25kg pro Honig pro Volk)…
Zu Zins und Wirtschaftswachstum.
Geld und Wertschöpfung entstehen über den Umweg von Schulden. Nimmt man nen Kredit auf, dann schreiben die Banken einem halt Geld auf dem Konto gut und fertig. Das können die bis zum 8fachen von dem machen, was sie an tatsächlichen Einlagen haben. Auf das Geld muss man dann auch noch Zinsen zahlen. Um den Kredit und die Zinsen zahlen zu können muss mal sich wirtschaftlich betätigen und – trotz der aus meiner Sicht zusammenfabulierten Idee materialneutralen Wachstums – wird dabei immer etwas Materielles verbraucht, also Materialien aus der Erde extrahiert und dann in Produkte umgesetzt. Alles diese Schuldverhältnis inklusive der mit ihnen kommenden Zinszahlungen bewirken ein Wirtschaftswachstum.
Zinseszins in der Natur.
Mathematisch gesehen sind Zinseszinsentwicklungen Exponentialfunktionen, die im Verlaufe jedes Wachstumsschrittes immer stärker wachsen. In der Natur machen das alle Bakterienkulturen – solange genug Nahrungsmittelangebot gibt: jedes Bakterium kann sich selbst wieder verdoppeln, stellt in diesem Beispiel also das sich-selbstvermehrende Element dar – so wie verzinster Zins im Wirtschaftszusammenhang. Das kann aufgrund begrenzter Ressourcen nie dauerhaft funktionieren. Letztlich wird auch genau daran die Menschheit scheitern. Und es ist bedauerlich, dass es letztlich wie bei einer Bakterienkultur enden wird – daher muss man sich schon fragen, ob das übermäßige Selbstwertgefühl über alle Spezies, dass wir uns aufgrund unseres Großhirns einbilden wirklich soo nützlich ist. Ich bezweifle das zumindest. Den trotzdem wir sogar verstehen können, was um uns herum passiert hängt doch der größte Teil der Bevölkerung träge herum und bildet sich eine Star-Trek Zukunft, zumindest aber einen sich stetig verbessernden Status Quo ein. Allzu schnell vergessen wird wie schnell sich alles in wenigen Monaten ändern kann – wie etwa zur Zeit der Wende 1989 – klar, da wurde alles positiver – aber es ist eben genauso gut möglich, dass in kurzer Zeit sich vieles dramatisch verschlechtert. Wer mal Nachrichten über Griechenland liest, der sieht, was ich meine. Und es ist aus meiner Sicht eine Illusion sich einzubilden, dass es hier nicht auch so werden kann – wenn wir nicht mal anfangen was zu machen. In diesem Sinne beglückwünsche ich dich schon mal zu deinem Kräutergarte 🙂
Gruß
Frank
„ist aber mit Anleihen oder mit einem selbstverwalteten Aktienportfolio durchaus erreichbar“
es überrascht mich, dass du annimst den markt schlagen zu können – vor allem da wir scheinbar die gleichen blogs verfolgen (MMM, ERE etc.). dazu sei auch monkey with a pin empfohlen, falls du das noch nicht kennst: http://monkeywithapin.com/download-the-book/ (ja man muss sich registrieren, aber da kam nichts belästigendes..und was man angibt bleibt einem ja überlassen 😉
zum thema zinseszins in der natur nur zwei kurze anmerkungen: zum einen werden wir so enden wie die bakterienkultur – ich hoffe nur nicht während unserer lebenszeit und man könnte es auch als zinseszins sehen, wenn man im obigen beispiel den baum stehen lässt und der daraufhin weiter wächst-er nutzt ja die aus den vorherigen jahren bestehende substanz und baut darauf auf. zinseszins ist ja nichts anderes als zinsen auf zinsen (trivial gesehen)
gruß
gh (was übrigens nicht für genug haben steht, wie mir gerade erst auffällt)