Das Konzept der GfK soll empathische Kommunikation ermöglichen helfen. Was mit der GfK möglich ist bringt Rosenbergs Zitat auf den Punkt:
„Stell dir vor, es ist Streit und keiner verliert. … Geht das? Die eigenen Interessen durchsetzen, ohne andere zu verletzen? Die eigenen Bedürfnisse befriedigen, ohne andere zu schädigen? Grenzen setzen, ohne Gewalt anzuwenden? Immer mehr Menschen glauben, dass das möglich ist, und trainieren deshalb »Gewaltfreie Kommunikation« (GfK).“ Marshall B. Rosenberg.
Um dieses Ziel zu erreichen bietet uns die GfK u.a. einen vierteiligen praktischen Prozess an. Dieser besteht aus den Phasen: Beobachten, Fühlen, Bedürfnis und Bitten.
- Beobachten: Was beobachte ich genau jetzt? (*) Was sehe oder höre ich?
- Wichtig ist es hier, Beobachtung und Bewertung strikt trennen zu lernen. „X hat mich beleidigt.“ ist eine Bewertung.
- Wenn ich Bewertungen habe, dann beobachte ich eben meine eigene Bewertung. „Als ich das und das von X gehört haben, kam mir der Gedanke „das kränkt mich“. Das ist eine Beobachtung.
- Eine Beobachtung bezieht sich in der Regel auf elementare Sinneswahrnehmungen: sehen, hören, tasten, schmecken: „Als ich x (wörtliches Zitat) gesagt habe, erschien es mir, als würde dein Kopf rot.“
- Fühlen. Was fühle ich genau jetzt? (*)
- Wichtig ist es zu lernen, was genau eigentlich Gefühle sind. Ein Gefühl ist etwas, dass aus mir allein kommt.
- Elementare Gefühle sind: Wut, Angst, Trauer, Ekel und Freude.
- „Ich fühle mich ausgenutzt.“ etwa ist keine Gefühlsäußerung. „ausgenutzt fühlen“ ist eine als Gefühl getarnte Bewertung („ausgenutzt sein“) – also eine Form lebensentfremdender Kommunikation, den sie setzt voraus, dass es objektiv klar und gegeben wäre, dass jemand ausnutzt und das jemand ausgenutzt wird.
- Bedürfnis. Welches meiner Bedürfnisse ist jetzt unerfüllt?
- Das Gefühl, das ich gegenwärtig verspüre, ergibt sich aus den Bedürfnissen, die gegenwärtig erfüllt bzw. unerfüllt sind.
- Wenn ich festgestellt habe, was ich genau fühle, ist der nächste Schritt also festzustellen, welche(s) unerfüllte(n) Bedürfnis(se) zu meinem aktuellen Gefühl führt.
- Bedürfnisse sind allgemeine Qualitäten wie Nähe, Verständnis, Ruhe, Respekt oder Sicherheit, die wir mit allen Menschen gemein haben.
- Die gefühlsauslösenden Bedürfnisse zu erkennen ist wichtig, um die Selbstverantwortung zu erkennen und um eine Lösung (möglicherweise unter – in jedem Fall freiwilliger – Beteiligung anderer) zu finden.
- Wichtig ist es Bedürfnisse von Strategien zu unterscheiden. Ein Beispiel wäre: A sagt zu B: „Hast du eigentlich gar nicht gesehen, wie sehr ich mich bemüht habe aufzuräumen.“ ist eine nicht soo gut funktionierende Strategie das Bedürfnis nach Anerkennung für Aufräumarbeit zu erhalten.
- Bitten. Was brauche ich jetzt?
- Habe ich erkannt, welches meiner Bedürfnisse gegenwärtig unerfüllt ist, so kann ich mich selbst oder aber andere um Dinge bitten. Was könnte ich selbst oder was könnte jemand anders tun, damit ich bekomme, was ich brauche, um mein Bedürfnis zu erfüllen und mich so wieder gut zu fühlen?
- Die Form der Bitte ist wichtig. Fordern wir, driften wir in die lebensentfremdende Kommunikation ab.
Eine Anwendung des Grundmodells findet ihr u.a. hier auf Wikipedia.
Die GfK – wie wahrscheinlich fast alle Kommunikation – macht situativ (wenn sie sich also auf den gegenwärtigen Augenblick bezieht) am meisten Sinn. Die objektive Kommunikation über vergangene Situationen ist insgesamt als schwierig zu betrachten, da unsere Erinnerungen eigentlich immer subjektiv und damit ungenau und somit selten deckungsgleich mit denen des Gegenübers sind, weil sie stark im eigenen Sinne gefärbt sein können – und so leicht zu Bewertungen zu unseren (Un-)Gunsten führen können – z.B. aus Gründen, die ich hier beschrieben habe. D.h. aber nicht, dass man nicht auch über Vergangenes sprechen kann: wir können unsere gegenwärtige Wahrnehmung unserer Erinnerungen als Beobachtung auffassen.
Die gewaltfreie oder einfühlsame Kommunikation von Marshall B. Rosenberg bietet u.a. mit dem beschriebenen Prozess eine Methode an, mit dem wir in Konflikten unsere gegenseitigen Gedanken nicht als Interpretationen und Urteile abtun, sondern als Beobachtungen fassen und die Situationen mit dem Gegenüber partnerschaftlich durch einen empathischen Prozess gemeinsam durchgehen und prüfen können und damit Gefühlsblockaden lösen oder gar nicht erst aufkommen lassen können.
Übertragung auf gesellschaftliche Konflikte
Bei der Betrachtung gesellschaftlicher Konflikte spielt meiner Meinung nach das zugrundeliegende Konfliktmodell eine wichtige Rolle: Geht es z.B. in einem Kindergartenstreit um ein Spielzeug wirklich um ein Spielzeug? Wie sieht es mit Erwachsenenkonflikten aus? Was wenn die meisten – oder gar alle – Konflikte sich nicht anhand eines so klaren Interessenkonfliktes entfalten, sondern sich durch ein gegenseitiges Missverständnis von Beobachtungen, Gefühlen, Bedürfnissen als Interpretationen, Verurteilungen und Forderungen ergeben?
Ghandis Leben und auch Rosenbergs praktische Erfahrungen sprechen dafür. Rosenberg, arbeitet Jahrzehnte erfolgreich als Mediator in vielen Krisenregionen – mit Kindern und Erwachsenen, Schülern und Lehrern, Polizisten und Verbrechern.
GfK selbst lernen mit Simran Wester.
Es gibt überall in Deutschland GfK-Trainer, bei denen ihr mit einem Einführungskurs beginnen könnt. Diese sind oft entweder an einem Wochenende oder an jeweils einem Tag der Woche abends für ein paar Termine.
Für Hamburger kann ich euch Simran Wester von gfk-hamburg.de empfehlen. Ich und JH machen seit Anfang des Jahres einen Einführungskurs, der über 10 Abendtermine geht. Simran kombiniert ihre jahrelange Erfahrung als Yoga-Lehrerin („Achstsamkeit mit dem Körper“) mit der GfK („Achtsamkeit in der Kommunikation, im Selbstumgang und im Umgang mit anderen Menschen“): das führt zu einer sehr gelungenen Mischung aus Anwendung und Praxis in einer sehr angenehmen Atmophäre. Eine Liste mit aktuellen Terminen findet ihr hier. Wir sagen: Sehr empfehlenswert!